Franziskaner Mission 3 | 2024

»Wir leben nicht, um zu essen, wir essen, um zu leben.« Dieser Spruch wird oft als etwas Universales verstanden: dass es beim Essen um mehr als nur um das Genießen der Gerichte geht. Es geht auch um das Essen als eine Kultur, eine Esskultur, die das ganze Menschsein, das Leben, umfasst. Das Prinzip Ying und Yang hat in der chinesischen Philosophie eine grundlegende Bedeutung für die Entstehung aller Elemente. Ying und Yang bilden das Gleichgewicht zwischen den Gegensätzen in der Welt. Wenn das eine zu stark ist, verlieren die Elemente das Gleichgewicht und es kann zum Chaos, zum Stürzen der Elemente kommen. Ebenso wird der Konfuzianismus mit dem Gleichgewicht des Lebens definiert. Das Kochen in Vietnam ist von diesem Gleichgewicht geprägt. Eine Vielzahl frischer Lebensmittel wie Fleisch, Garnelen, Krabben einerseits und Gemüse, Soja und Reis andererseits werden zu verschiedenen Gerichten kombiniert. Mit Kräutern und Gewürzen wie Ingwer, Kurkuma, Zwiebeln, Knoblauch und Zitronengras wird alles zusammen gedämpft, gekocht, gebacken oder auch roh gegessen. Vor allem die Gewürze geben den Gerichten das wohlschmeckende Etwas. Fünf Elemente Um ein ausgewogenes Essen zubereiten zu können, soll man das Prinzip Ying und Yang sowie die Vereinigung der fünf Elemente Wasser, Feuer, Holz, Metall und Erde beachten. Ying und Yang bringen Harmonie in die Speisen. Sie neutralisieren die gegensätzlichen Zutaten. Auch werden zum Beispiel kalte Speisen wie Ente, Schnecken oder Muscheln mit warmen Gewürzen wie Ingwer oder Laksa Blättern gekocht. Das Kochen nach diesem Prinzip soll eine ausgleichende Balance im Körper und Geist garantieren. Die fünf Elemente werden mit bestimmten Geschmacksrichtungen assoziiert: Wasser ist salzig, Feuer ist bitter, Holz ist sauer, Metall ist würzig und Erde ist mild. Das typischste Gewürz in der vietnamesischen Küche ist Nuocmam, eine Fischlake. Denn bei der Zubereitung dieser Zutat werden die fünf Elemente integriert: salzig durch Fisch (immer Seefisch), bitter durch Zitronenschale, sauer durch Zitronensaft oder Essig, würzig durch Paprikaschoten und mild durch das Süßen mit Puderzucker. Durch das Zugeben von Nuoc-mam werden die fünf Elemente in die Speisen gebracht. Essen stiftet Gemeinschaft Alle Kulturen haben eins gemeinsam: Wenn Menschen zusammenkommen, wird in der Regel auch gemeinsam gegessen, sei es bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern, Jubiläen oder Beerdigungen und auch bei Neujahrsfeiern. Essen und Trinken sind wesentliche Bestandteile Nahrung für Körper und Geist Essen und Spiritualität in Vietnam TEXT: Chi Thien Vu ofm | FOTOS: Chi Thien Vu ofm; Ngoc Lan Vu; Hahn Vu 28

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