Franziskaner Mission 3 | 2024

Tisch des Wortes und Tisch des Brotes Bei der Feier der Eucharistie ist nicht nur an das letzte Abendmahl Jesu (eine Wortschöpfung Martin Luthers) zu denken, sondern ebenso an die nachösterlichen Mahlbegegnungen des Auferstandenen sowie an die Gastmähler des irdischen Jesus. Die Emmausgeschichte ist eine Art Blaupause des Ablaufs heutiger Messfeiern: Zuerst wird im Hören des Wortes erschlossen, worum es geht, dann wird miteinander das Brotbrechen praktiziert und Kommunion gehalten. Zunächst ist der »Tisch des Wortes« bereitet. Wir hören beispielsweise im Lukas-Evangelium gleich von sieben Gastmählern, die Jesus mitgefeiert hat. Wir folgen Jesus von Einladung zu Einladung und erfahren, dass diese Tischgemeinschaften bisherige Normierungen durchbrechen. Die Tischgemeinschaft gilt auch den Kleinen und Armen, den Sündern und Ausgegrenzten. Die sogenannten Brotvermehrungen verdeutlichen, was solidarisches miteinander Teilen bewirkt: Es reicht für alle und alle werden satt. Sie sind ein Vorausbild, was christliche Gemeinschaft kultivieren sollte: eine offene Tischgemeinschaft für alle und ein sensibles Eintreten für Gerechtigkeit. Darum feiern wir Eucharistie, dafür werden nicht nur Brot und Wein gewandelt, sondern wir Menschen! Im zweiten Teil wird der »Tisch des Brotes« bereitet und das Brotbrechen begangen. Hier zeigt sich die Entwicklung, die die Feier der Eucharistie im Laufe der Geschichte genommen hat. Ursprünglich wurde tatsächlich (normales) Brot miteinander geteilt. Dies hat das gemeinschaftliche Element stärker deutlich werden lassen, als es heute bei den vorgegebenen kleinen Einzelhostien der Fall ist, die kaum noch als Brot bezeichnet werden können. Auch zum Empfang der Kommunion ist kritisch anzumerken, dass das zumeist vollzogene Schlangestehen wenig von der angezielten Mahlgemeinschaft zum Ausdruck bringt. Die Inkulturation ist noch einmal ein ganz eigenes Thema. Müssen es unbedingt Brot und Wein als Materie sein, auch in Ländern, wo Brot kein Hauptnahrungsmittel und Wein unbekannt ist? Ebenso: Was geschieht, wenn den Gläubigen durch Priestermangel der Höhepunkt christlichen Lebens vorenthalten wird? Ist die Zölibatsverpflichtung schwerwiegender als das Anrecht der Gläubigen? Vom Sättigungs- zum Opfermahl Die ersten Christen trafen sich zu einem Sättigungsmahl und brachen in diesem Kontext das Brot. Dabei wurde auch zeichenhaft deutlich, um was es ging und heute noch geht: um Gemeinschaft (Communio – Kommunion), um Lobpreis und Danksagung (Eucharistie), um das Gedenken an die Taten des Herrn (Herrenmahl), um die Hineinnahme in die Hingabe Jesu (Opferfeier) und um die Sendung (Missio) in die Welt. Die Frage bleibt: Warum kommen heute so wenige auf den Geschmack der Eucharistie? Als »HochgeDer Autor Stefan Federbusch ist Provinzialvikar der Deutschen Franziskanerprovinz in München. Er engagiert sich für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. nuss« und nährend wird sie vorrangig von denen empfunden, die stärker dem Gedanken des »Messopfers« anhängen und auf eine streng ritualisierte und reglementierte Form wertlegen. Liturgiegeschichtlich hat sich die Feier der Eucharistie immer wieder verändert und so gibt es heute viele unterschiedliche Zugänge. Was das »Allerheiligste« jedem Einzelnen bedeutet, sei jeder Bewertung entzogen. Die Bedürfnisse und die Art und Weise, Liturgie zu feiern, sind so vielfältig, wie es Menschen gibt. Mahl der Sünder Dass die Eucharistie – mit den Worten von Papst Franziskus – keine Belohnung für die Starken, sondern eine Stärkung für die Sünder und Schwachen, die Mühseligen und Beladenen ist, kommt für mich in den Bildern »Das Mahl mit den Sündern« und »Abendmahl« von Sieger Köder zum Ausdruck. Letzteres habe ich zu meinem Primizbild gewählt: Der verwundete Jesus bricht für die Verwundeten das Brot. Für mich persönlich verliert die Eucharistie an Attraktivität, wenn von den genannten Elementen von wirklicher Feier, tatsächlicher Gemeinschaft, aktive Teilnahme aller, sichtbarem Mahlcharakter und der Ausrichtung auf Gottes neue Welt wenig spürbar und erfahrbar wird. Erlebbar aber werden diese Elemente für mich beispielsweise in Gruppengottesdiensten bei Seminaren oder bei Tischmessen im kleineren Kreis. Wie auch immer ich mir Eucharistie wünsche, es bleibt die Tatsache, dass wir Gott in uns aufnehmen dürfen, ihn als Leib- und Magenspeise schmecken und verkosten können – sinnträchtiger und näher geht´s nicht! Und wenn Sie es etwas salopper gestatten: Gottesliebe geht durch den Magen, damit wir durch IHN gestärkt die Hungernden und Dürstenden sättigen. 7

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