Franziskaner Mission 3 | 2024

Zählt man die Sterne unter verschiedenen Bedingungen, so kommt man in einer Stadt mit Lichtdunsthaube heute auf keine Hundert mehr, während es unter optimalen Bedingungen vielleicht Drei- oder Viertausend sind. Bei der Gelegenheit: Man lasse sich nicht täuschen! Erst mit Instrumenten wie Feldstecher und Teleskopen erweitert sich die Zahl tatsächlich in die oft schon vermuteten Millionen von Objekten, die dann für unser Auge sichtbar werden. Ganz zu schweigen von den modernen fotografischen Möglichkeiten, wie sie die Fotos auf diesen Seiten andeuten. Sei gelobt, mein Herr ... Franz von Assisi muss diese überwältigende Seherfahrung gemacht haben in den von keinerlei künstlichen Lichtquellen aufgehellten und industriellen Abgasen und Rauchschwaden verunreinigten Nächten Mittelitaliens. Unter genau diesem Eindruck wird er die Strophe seines Sonnengesangs gedichtet haben, in der er mit Bruder Sonne, Schwester Mond und den Sternen zum Lob Gottes spricht: »Am Himmel hast du sie geformt, hell, kostbar und schön.« Das geht schon unter die Haut. Immer wieder wird in der Weihnachtszeit die Frage nach dem Wesen des Weihnachtssterns gestellt. Bekannt ist vor allem die Darstellung als Schweifstern, der mit seiner Ausrichtung den Ort der Niederkunft des Retters anzeigt. Die astronomischen Hintergründe dazu sind vielfältig: So könnte es zur Zeit der Geburt des Erlösers ein markanter Komet gewesen sein, der zufällig bei guter Sichtbarkeit die Nacht prägte, oder auch eine seltene nahe Begegnung der großen und hellen Planeten Jupiter und Saturn, die ein auffälliges Merkmal am Himmel darstellte. Echtes Staunen Wenn man mit solchen Kenntnissen und Gedanken am Himmel unterwegs ist, verspürt man etwas von der »Wohlordnung«, die der uns umgebende Kosmos zeigt; das griechische Wort »kosmos« bezeichnet genau dies im Deutschen. Die oft genannten astronomischen Zahlen und Fakten, die ein unglaubliches, fast unheimliches Wissen über diesen Kosmos ermöglichen und zugleich ein tiefes Schweigen auslösen, führen jeden Menschen zu einer überwältigenden Faszination. Die in der Astrophysik immens wachsende Fülle von Messdaten, deren Auswertung zu immer neuen Informationen, Aussagen und Gesetzmäßigkeiten, aber auch Fragestellungen in der Wissenschaft führen, lassen inzwischen viele hieb- und stichfeste Erkenntnisse zu. Sie erst ermöglichen ein echtes Staunen für denjenigen, der immer neu versucht, dieses Wissen ganzheitlich zu begreifen und zu vermehren. Da aber dem rein wissenschaftlichen Verstehen dem Menschen selbst Grenzen gesetzt sind, muss er sich auch anderen Möglichkeiten der Erkenntnis öffnen. Zuletzt sind dies Intuition und Bekenntnis, die uns zum Glauben an den Gott führen, der in Jesus Christus vom Himmel auf unseren Planeten herabstieg. Welcher Himmel es auch sei, den wir hier meinen, spielt keine Rolle. Und dass unsere Erde letztlich nur einer von wahrscheinlich unzählbaren anderen Planeten ist, auf dem sich das Geheimnis der Menschwerdung abspielt(e) und immer wieder ereignet, darf einem an der christlichen Religion ausgerichteten Menschen Nebensache sein. Was letztlich zählt, ist die offene und unvoreingenommene und friedvolle Zuwendung zum Ganzen der Schöpfung, besonders zu den Mitgeschöpfen der eigenen Spezies und dort besonders zu jenen, die vom Himmel aus gesehen am weitesten entfernt leben und die dem Mensch gewordenen Gott zugleich am nächsten waren: die Menschen im Abseits der Gesellschaft, über denen allerdings der gleiche Himmel prangt wie über allen anderen. Der Autor Bernardin Marker ist Franziskaner und arbeitet als Lehrer für Physik und Astronomie sowie Technik und Religion am Franziskanergymnasium Kreuzburg in Großkrotzenburg. Milchstraße von der Hohen Geba in der Thüringischen Rhön aus: »Seh ich den Himmel, das Werk deiner Finger, die Gestirne von deiner Hand gemacht: so staune ich, dass du dich um uns kleine Menschen kümmerst.« (Psalm 8,4)

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