Im Land des Herrn | 76. Jahrgang | 2022 - 4

24 4/2022 IM LAND DES HERRN als Inbegriff des Bösen, in gewisser Spannung zu Israel, der verheißenen Heimat des Gottesvolkes. In der Geheimen Offenbarung wird Ägypten mit Babylon gleichgestellt, seit der Antike die Antistadt Jerusalems schlechthin. Aus diesem Babel-­ Alexandrien, der Mutter der „Huren“, stammte Maria, die zwölfjährig ihr Elternhaus verließ, um sich maßloser Unzucht hinzugeben, nicht aus Zwang, sondern freiwillig. Die, die auf den Namen der Gottesmutter getauft worden war, verschrieb sich extremer Gottlosigkeit, indem sie sowohl Jungfräulichkeit wie Mutterschaft verneinte, 17 Jahre lang, wie es heißt. Aufbruch Und plötzlich zog es sie nach Jerusalem. Über das Meer, das unfassbare, grenzenlose Gottessymbol, sollte eine Schiffsreise führen, hin zur Heiligen Stadt, der Stadt Palästinas. Biblisch war das neue Jerusalem eine zukünftige Stadt, Sinnbild der erwarteten Endzeit, in der Gott unter seinemVolk wohnen wird. Zu diesem apokalyptischen Ziel zog es Maria hin. Eine Wallfahrt zum Heiligen Kreuz schwebte ihr vor, weg von Babel-Alexandrien, hin zur Gottesstadt Jerusalem. Wenn Alexandria die Hure ist, dann Jerusalem die „Braut“, eine Verherrlichung, die zunächst nichts Außergewöhnliches im Orient bezeichnete. Für die Passage verkaufte Maria noch einmal ihren Körper. „Für die im völligen Seelendunkel lebende Maria deuten sich unsagbare Möglichkeiten des Lichtes an, als sie beschließt, nach Jerusalem zum Fest Kreuzerhöhung zu fahren und dafür ihren Leib, sich selbst also, als Reisegeld gibt. Ohne es zu ahnen (oder doch?), bereitet sie so das Eingreifen Gottes vor, der nicht den Tod des Sünders will.“ (Erika Lorenz, 1982) Maria von Ägypten begegnet Maria, der Gottesmutter An der Tür zu Grabeskirche wurde Maria von unsichtbarer Hand dreimal am Eintritt ins Heiligtum gehindert. Erst in der inneren Begegnung dieser Maria mit der Gottesmutter und einem Gebet vor deren Ikone, deren Beistand sie erflehte, konnte sie die Kirche betreten. „Wie tief müssen ihre Blicke und Seelen einander durchdringen, denn zum Gnadenbild spricht jetzt eine Gewandelte, eine Glaubende, die mit aller ihr eigenen Leidenschaft als Büßerin zum Kreuze Christi drängt.“ (E. Lorenz) So kann Maria von Ägypten die Schwelle zum Heiligtum überschreiten. Wenn schon ein Mann Gottes Reinigungsriten vor dem Betreten heiliger Stätten zu beachten hatte, wie groß muss die Gnade sein, die die Sünderin erfuhr, wie tief und wahr ihre Reue, die sie über die Schwelle trug, hin zu den Füßen des Gekreuzigten, der doch alle an sich ziehen wollte. Maria in den Hymnen der byzantinischen Liturgie Lebendig ist das Gedächtnis an Maria von Ägypten in byzantinischen Hymnen, auch Oden genannt, vor allem im großen Kanon des Andreas Kapelle der „Ägyptischen Maria“, unauffällig unter der Frankenkapelle gelegen © Petrus Schüler

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