Franziskaner - Herbst 2022

22 franziskaner 3|2022 um die Erneuerung der Kirche. Eine Kirche der Vielfalt bedeutet für uns die Wertschätzung der verschiedenen geschlechtlichen Identitäten und sexuellen Orientierungen, Begabungen und Biografien sowie spirituellen und liturgischen Formen; eine Kirche, in der alle Getauften zur Mahlgemeinschaft eingeladen sind. Auch wenn es unterschiedliche Positionen innerhalb der Provinz gibt, sprachen sich die Kapitulare fast einhellig für einen gleichberechtigten Zugang von Männern und Frauen zu den kirchlichen Weiheämtern aus. Sie wünschen in Anlehnung an die eigene Praxis in der Ordensgemeinschaft eine zeitliche Begrenzung der Leitungsdienste und dass diese nicht notwendigerweise an die sakramentale Weihe gekoppelt sein müssen. Außerdem ist uns der Dialog mit anderen Religionen, die stärkere Wahrnehmung von Schöpfungsverantwortung sowie ein prophetisches Engagement für Gerechtigkeit und Frieden Anliegen und Auftrag. Das Positionspapier finden Sie auf www.franziskaner.de. Über Reaktionen Ihrerseits freuen wir uns. Praktische Zukunftsfragen Unser Wunsch ist es, mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen, wie die Kirchengestalt der Zukunft aussehen soll und was unser Beitrag dazu sein kann. Wir sind uns bewusst, dass wir stets hinter den Ansprüchen des Evangeliums zurückbleiben. Zu unserer eigenen Glaubwürdigkeit beitragen soll die unabhängige Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der Ordensgemeinschaft, die wir in Kürze in Auftrag geben. In den vergangenen drei Jahren wurde in der Provinz ein umfassendes Präventionskonzept zur Verhinderung sexualisierter Gewalt ausgearbeitet und umgesetzt. Was uns als Franziskaner ganz praktisch beschäftigt, wurde in zahlreichen Anträgen deutlich: Wie sieht die Struktur- und Personalplanung der Provinz aus? Wie lässt sich die Exerzitienarbeit auch nach der Schließung unseres Exerzitienhauses in Hofheim fortführen? Wie können wir die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen undmit Laien intensivieren?Wie gestaltet sich die Ausbildung? Wie und wo kann es eine internationale Gemeinschaft geben, und wie kann die internationale Kooperation gefördert werden? Neue Leitung gewählt Turnusgemäß standen Neuwahlen an. Zumneuen Provinzialminister wurde für die nächsten sechs Jahre Markus Fuhrmann gewählt, zumProvinzialvikar Stefan Federbusch, indas Provinzleitungsgremiumfür die kommendendrei JahreThomas Abrell, Thomas Ferencik, Martin Lütticke undMaximilianWagner. Der bisherige Provinzialminister Cornelius Bohl wurde nach zehnjähriger Amtszeit feierlich verabschiedet. Die Vielfalt der Arbeitsfelder der Brüder und die Aktivitäten innerhalb der Provinz spiegelten die rund dreißig Berichte aus den verschiedenen Einrichtungen wider. Der Bericht des Leiters der Provinz sowie der Bericht desGeneralvisitators ThomasHrastnik, die bereits im ersten Kapitelsteil vom 14. bis zum 17. März 2022 in Vierzehnheiligen vorgetragen wurden, verdeutlichten die Herausforderungen, vor denen wir 230 Franziskaner der Deutschen Ordensprovinz ohne Nachwuchs und mit einem Altersdurchschnitt von 73 Jahren stehen. Innovative Prozesse sind nur noch bedingt möglich. Die Kirchenkrise sorgt auch unter uns Brüdern für manche Enttäuschung, Trauer und Resignation. Aufgaben und Aufträge Der scheidende Provinzialminister Cornelius Bohl sieht die Provinz an einemWendepunkt und stellt die Frage: »Sind wir noch zukunftsfähig? Ichmeine das in einemdoppelten Sinn: Sind wir noch anschlussfähig für Menschen heute? Aber auch: Glauben wir selbst an unsere Zukunft, auch wenn sie ganz anders aussehen wird?« Er benennt sieben Perspektiven: raus aus der Blase – nahe bei den Menschen sein; raus aus der Komfortzone – Lust auf einen franziskanischenLebensstil; neueTiefe–Freude am geistlichen Leben; neue Weite – Mut zur Kooperation; gemeinsam unterwegs – immer wieder Bruderschaft probieren; leichtes Gepäck – schlanke Strukturen und Beweglichkeit; lebendig bleiben – die Quellen leben. Die positive Stimmung auf dem Provinzkapitel zeigte, dass die Brüder den Weg der »Tiefe und Weite« mit Optimismus gehen wollen, denWeg der Vertiefung franziskanischer Spiritualität und die Kooperation mit franziskanisch-klarianisch inspirierten Menschen. © br.igor hollmann ofm

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