Franziskaner Mission 2 | 2020

Denn: »Dein Glaube ohne Werke ist tot!« Es heißt aber auch: »Aus Fehlern wird man klug!« – und ich hatte nun viele Gelegenheiten, Fehler zu machen und klug zu werden ... Viel zu lernen Die Dörfer brauchten also Brunnen. Richtig! Ich ließ Werkzeuge kaufen, damit sich die Leute Brunnen graben konnten. Doch die Gegend war steinig, und eine riesige Felsformation, der sogenannte »Brasilianische Schild«, der manchmal auch aus dem Erdreich herausragt, brachte die Arbeiten oft zum Stillstand. In unserer Werkstatt, wo Konrad Broxtermann, ein erfahrener deutscher Missionshelfer, als Mechani- ker, Schlosser und Elektriker arbeitete, ließ ich mich immer wieder beraten. So organisierten wir ein Bohrgerät, das wie mit einer Motorsäge angetrieben wurde. Doch es war unrealistisch und kam einem Spielzeug gleich. Und wo bitte sollte man über- haupt bohren mit der Hoffnung auf Wasser? Also lehrte mich ein Mann, mit zwei Eisenstäben parallel in beiden Händen langsam zu gehen. Und dort, wo sie ausschlugen, sich öffneten: Da war Wasser! So wurde ich auch ein Wünschelrutengänger – und für manche Indigene dann auch ein Zauberer. Mit gewaltigem finanziellen Aufwand holte ich mir leistungsstarke Maschinen und erfahrene Teams aus der Nachbardiözese und von der Caritas in Santa Cruz. Finanzieren konnte ich das Projekt mit Spenden der Franziskaner Mission und von Verwand- ten und Freunden in Deutschland. Sie haben mich Gott sei Dank nie im Stich Der Autor Reinhold Brumberger ist Pfarrer der Franziskanerpfarrei San Javier in Bolivien. gelassen! In die Bohrlöcher wurden nun die Handpumpen installiert, und manche Dörfer hatten zwei oder drei Pumpen. Das bedeutete endlich Wasser in der Nähe und Trinkwasser! In manchen Dörfern organisier- te ich auch Zisternen, in denen das Regenwasser von den Dächern der Schule oder der Kapelle gesammelt wurde. In der Gegend der Mennoniten sah ich einmal Pumpen mit Windrädern. Tolle Idee: Ich holte mir sofort ein Team und ließ auch einige solcher Pumpen installieren. Im Dorf El Carmen fassten wir eine höher gelegene Quelle in einem Becken ein. Rohre leiteten das Wasser zum Wassertank im Dorf. Dazu waren weder Motor noch Treibstoff nötig. In der Trockenzeit fehlte meist auch das Wasser für Rinder, Schafe und Schweine. Hauptsächlich die Vieh- genossenschaften der Pfarrei brauchten Wasser. Also benötigten wir Wasser- reserven. Mit Raupenschleppern ließ ich künstliche, große Weiher anlegen, denn die ersten waren zu klein und trockneten schnell aus. Und im Damm der Reserva- te konnten wir in einigen Dörfern Rohre einbauen, sodass die Frauen Wasser für ihren Gemüsegarten hatten. Existenzielle Hilfe Ich bin kein Entwicklungshelfer, aber es wurde aus tiefer spiritueller Überzeu- gung für mich zu meiner Lebensauf- gabe, meinen Gemeindemitgliedern existenziell zu helfen. Auch wenn meine Berufung als Priester und die Seelsorge mir wichtig sind: Eine schöne Predigt allein wäre in der Not der Menschen eher ein Spott! Nach zwölf Jahren als Pfarrer in der Großstadt Santa Cruz bin ich seit letztem Jahr nun wieder in der Nähe von Concepción, in San Javier, der ersten Jesuitenreduktion (1691) mit ebenfalls 23 indigenen Dörfern. Und ich finde die gleichen Probleme wie 1979 heute noch vor! Mittlerweile weiß ich aber, was möglich ist und was wir erreichen kön- nen und wie wir es anstellen müssen. So konnte ich mit Hilfe der Indigenen selbst (und den Spenden aus Deutsch- land) in mehreren Dörfern bereits ein Wassersystem einrichten, das sogar Wasser für jede Hütte bringt. Und mancher Dorfbewohner installierte sogar eine Dusche für seine Familie. Nun sind für die nächste Zeit auch hier größere Weiher geplant für die Nutz- tiere der Indigenen. Und wir brauchen auch Wasser für unsere Sicherheit, denn die nächsten Waldbrände werden nicht ausbleiben. Wenn ich dann in einer der vie- len neuen Kapellen (schlicht, mit festem Material und Vordächern) zusammen mit den Indigenen die Messe feiere (an vielen Sonntagen halten Männer und Frauen die Wortgottesdienste!) und wenn ich dann auch immer wieder die Freude und Dankbarkeit der Menschen hier merke, dann schlägt mein Herz höher. Ja, es geht! Es sind keine Wun- der, doch es ist der Erfolg von Technik, Engagement, Solidarität, auch aus Deutschland. Not macht erfinderisch, und Solidarität macht es möglich: Wasser – genügend, nah und gesund. Mehr Lebenserwartung und mehr Lebens- qualität. Gott sei Dank, und Dank an die Indigenen selbst und die Spender in Deutschland! Die Dorfgemeinschaft baut ihren eigenen Brunnen. 25 24|

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