Franziskaner Mission 3 | 2021

TEXT UND FOTO: Hermann Borg ofm Von Seiten der christlichen Kirche schließt heutige Glaubensverkündigung die Achtung von Menschenrechten, vorgegebener Traditionen und gelebter Kulturen sowie gegenseitigen Respekt und Toleranz ausdrücklich mit ein. Ein Interesse für die unterschied- lichen Arten von konkretem Glaubens­ leben kommt auf und bietet sich an. Christen, Muslime, Hindus, Juden und andere beginnen miteinander zu reden, sich auszutauschen, Interesse fürein- ander zu finden. Der Austausch mag sich anfänglich auf Äußerlichkeiten beschränken. All diese Prozesse ergaben sich in den letzten zehn Jahren in Nairobi, Kenia und über die Landesgrenzen hin- aus. Christen, Muslime, Hindus, Bahai und weitere sind sich in dieser Zeit nähergekommen. Wer sich in solchen interreligiösen Prozessen engagiert hat, konnte religiöse Führungspersonen anderer Reli- gionen – mit großer menschlicher und geistlicher Offenheit gegenüber allen anwesenden Religionen – kennenlernen. Hundertprozentig trifft die Offen- heit allerdings nicht zu, denn Abgeschlossenheit und Distanz bleiben für manche Menschen noch immer charakteristisch. Aber: Gute Freunde unter den Andersgläubigen zu finden, ist nicht mehr so schwer. Für manche hat sich eine stetige und solide Kooperation mit persönlichem Austausch, unter Einbeziehung freundlicher Zeichen, bereits kultiviert. Wir lernen miteinander zu reden und aufeinander zu bauen. Ich persönlich bin dankbar, einen neuen Weg des Mit- und Füreinander in den beiden päpstli- chen Enzykliken »Laudato Si« und »Fratelli Tutti« vorgelegt und bestätigt zu finden. Aus der Kraft der biblischen Botschaft sind wir Christen aufgerufen, 60 bis 80 Prozent der Weltbevölkerung bekennen sich zu einer Religion. Die Ge- schichte der Menschheit ist geprägt von Kriegen zwischen den Religionen. Über Jahrzehnte, Jahrhunderte und Jahrtausende hin hat es Konflikte, Auseinander­ setzungen, Rivalitäten und Kriege zwischen Gläubigen gegeben, die Millionen von Menschen das Leben gekostet haben. In dieser Situation meldeten sich zu jeder Zeit auch mutige Mahner, die für Frieden und Versöhnung eintraten und so versuchten, Einfluss zu nehmen und Konflikte zu glätten. Miteinander für Frieden Interreligiöser Dialog in Kenia neue Wege eines globalen Miteinanders zu gehen – geprägt von Vertrauen, Überzeugung, Kooperation und unbeschwertem Austausch. Die Vereinten Nationen haben seit einigen Jahren ein neues Kapitel ihrer Geschichte aufgeschla- gen unter dem Titel »Glaube für die Erde«. Vertreter aller Religionen kommen hier zu Wort. Die Initiative URI (United Religion Initiative – Vereinte Religionsini- tiative) gewinnt Tag für Tag neue Mitglieder. Nach und nach wird der afrikanische Kon- tinent, auf einem Weg von Offenheit, Kooperation und gegenseitiger Anerkennung von Würde und Rechten, die Vergangenheit aufarbeiten und zukünf- tig Aggressionen, Konflikte und kriegerische Ausein- andersetzungen hoffentlich zu verhindern wissen. Der Autor Hermann Borg gehört seit 1983 zur Ostafrikani- schen Franziskanerprovinz, lebt in Nairobi und engagiert sich  im interreligiösen Dialog in Kenia und darüber hinaus. 33

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