Franziskaner Mission 1 | 2022

Die Eltern haben oft keinen festen Ar- beitsplatz, kein gesichertes Einkommen und damit kaum finanzielle Mittel. Viele müssen auf der Suche nach Arbeit in andere Regionen auswandern und die Kinder bleiben in der Obhut der Mutter oder der Großmutter. Wir vom »Ernährungszentrum Santa Clara« besuchen die ärmeren Stadtteile von Ascensión Haus für Haus, Hütte für Hütte. Es ist sehr wichtig hinzugehen, die Familien zuhause zu besuchen, da wir so ihre Bedürfnisse – insbesondere im wirtschaftlichen, emotionalen und spirituellen Bereich – genau kennenlernen können. Dabei sehen wir kranke Kinder, Menschen mit Behinderungen, ver- einsamte Senioren und andere soziale Probleme. Manchmal werden wir sogar auf Fälle von häuslicher Gewalt und Kin- desmissbrauch aufmerksam. Wir arbeiten eng mit den Behörden der Stadtverwal- tung zusammen und schalten, wenn es nötig ist, einen psychologischen Dienst ein oder vermitteln ärztliche Hilfe. Viel Lebenswille Señor Einan ist ein alter Mann. Er leidet an Diabetes und Bluthochdruck. Deswe- gen mussten ihm beide Beine amputiert werden. Er wird von seiner Frau und seinen Enkelkindern betreut, die aber selbst in prekären Verhältnissen leben. Wir helfen hier mit Lebensmitteln und Medikamenten. Die kleine Ivana wurde bei einem der Hausbesuche mit schwerer Unter- ernährung aufgefunden. Ihre Mutter ist geistig behindert. Sie hat keine feste Stelle und muss täglich nach Arbeit suchen. Daher lässt sie das Mädchen oft in der Obhut ihrer Großmutter zurück, die mit der Situation überfordert ist. Ivana wäre ohne unsere Aufmerksamkeit gestorben. Sie wurde ins Krankenhaus eingeliefert und aufgepäppelt. Nun wird sie zuhause von uns begleitet. Sie hat noch Schwierigkeiten beim Gehen, erholt sich aber zusehends. Auch auf das 13-jährige Mädchen Carla wurden wir bei einem Hausbe- such aufmerksam. Ihre Eltern sind arm, das Kind bekommt keine regelmäßigen Mahlzeiten. Carla war schwer anämisch. Zusätzlich wurde bei ihr Leukämie diag- nostiziert. Sie kam ins Krankenhaus nach Santa Cruz de la Sierra und muss sich derzeit einer Chemotherapie unterzie- hen. Wir begleiten sie und organisieren ihre Behandlung. Das Mädchen beein- druckt uns durch ihren großen Lebens- willen. Wenn es ihre Verfassung erlaubt, stellt sie Stickereien her, um sie zu ver- kaufen und damit ihrer Mutter bei der Finanzierung der Behandlung zu helfen. Wir erfahren viel Not in den Familien. Manche Kinder haben weder ausreichende Nahrung, noch eine kon- Im bolivianischen Ascensión, einem Ort in der wunderschönen und aufstrebenden Region Guarayos, wird ein Projekt durchgeführt, von dem ich Ihnen heute berichten möchte. Zusammen mit Dr. Ute Glock aus Deutschland und der Franziskaner Mission München gründeten wir dort das » Ernährungs- zentrum Santa Clara«. Das Ziel ist, Kindern mit schwerer und mittelschwerer Unterernährung zu helfen. Hausbesuche bei den Armen Not lindern in Ascensión de Guarayos TEXT UND FOTO: Yanira Leida Justiniano Ortiz htsf Die Autorin Yanira Leida Justiniano Ortiz ist Oberin in Ascensión de Guarayos und leitet dort diverse Projekte, wie zum Beispiel das »Ernährungszentrum Santa Clara« für Kinder mit Unterernährung. Übersetzung aus dem Spanischen: Pia Wohlgemuth stante Schulbildung. Die Arbeit der Eltern erwirtschaftet lediglich ein sehr geringes Einkommen, das oft nicht für den Lebens- unterhalt der Familie ausreicht. Auch während der Coronapan- demie haben wir die Familien weiterhin besucht, sie mit Medikamenten und Le- bensmitteln versorgt und emotional unter- stützt. Wir haben nach Strategien gesucht, um die Schulbildung bei ihnen daheim abzuhalten. Wir zeigen ihnen, wie man Essen für die Kinder zubereitet. Wir haben Anleitung zur Hygiene, zum Müll-Recycling oder auch zum Anlegen von Gemüsegär- ten gegeben. Die Meisten machen gern mit und freuen sich über einen zusätzli- chen Lebensmittelkorb als Dankeschön von uns. Leider waren auch in diesen Familien Tote zu beklagen. Die Situation hat sich dadurch noch verschärft. Die krebskranke Carla mit ihrer Stickerei 24

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