Franziskaner Mission 1 | 2022

Der Prozess der Versorgung in der staatlichen Kran- kenkasse läuft zunächst über den Hausarzt, der die Patientinnen und Patienten untersucht, um sie an die entsprechende Fachrichtung zu überweisen. Dies erfordert aber Zeit und Geduld, denn der Versicherte muss sich erst im Büro der nationalen Krankenkasse eine Karte besorgen. Die Warteschlangen sind oft lang. Die Menschen müssen dafür schon in der Früh stundenlang anstehen und oft bekommen sie dann doch keine Karte, da die Zahl der Patienten die Ka- pazität des jeweiligen Krankenhauses übersteigt. In schwerwiegenden Fällen werden die Kran- ken von ihrem Arzt an den Notdienst des Kranken- hauses überwiesen, damit der Gesundheitszustand beurteilt und rechtzeitig Zugang zur Behandlung gewährleistet werden kann. Die Kosten für Medika- mente und medizinisches Material, ergänzende La- boruntersuchungen und ähnliches werden von der Versicherung übernommen – mit Ausnahme einiger Medikamente, die privat gekauft werden müssen. Was das medizinische Personal betrifft, so deckt die Versicherung alle Fachrichtungen ab. Die Versorgung im Krankenhaus ist regelmäßig, muss aber mit wenig Personal geleistet werden. Das Essen ist angemessen und gut verträglich. Aufgrund der Anzahl der versicherten Patientinnen und Patienten ist die Versorgung aber begrenzt. Ein Erfahrungsbericht »Die Betreuung, die wir im Krankenhaus im Norden von Cochabamba erhielten, war nicht sehr gut or- ganisiert. Meine Schwester ist Näherin. Als sie krank wurde, mussten wir für ihre medizinischen Unter- suchungen früh aufstehen und uns in die Schlange stellen, um eine Karte zu bekommen. Manchmal mussten wir sogar vor den Toren des Krankenhauses schlafen, um behandelt zu werden. Manche der konsultierten Ärzte erklärten uns die Situation gut, andere waren leider nicht sehr einfühlsam, wenn es um Informationen über den Zustand meiner Schwester ging. Meine Schwester war zudem an Covid-19 erkrankt, als sie im Krankenhaus lag. Obwohl sie die allgemeine Krankenversicherung hatte, verlangte man von uns, Medikamente, Einweghandschuhe und Spritzen beizusteuern. Wir mussten selbst um- herziehen und zusehen, wie wir die Sachen besorg- ten. Das war sehr teuer. Wir haben uns als Familie dabei hoch verschuldet. Und wir warten immer Krank zu werden in Bolivien ist für viele Menschen ein Armutsrisiko. Es gibt zwar eine staatliche Gesundheitsversorgung, diese ist aber oft extrem überlastet und nicht alle Dienstleistungen sind von der Krankenversicherung gedeckt. Helft Euch selbst! Gesundheitssystem in Bolivien TEXT: Nidia Covarrubias Funes | FOTOS: Christine Teske Eine bolivianische Mutter mit Kind im traditionellen Tragetuch hofft auf die baldige Behandlung in der Notaufnahme des Kinderkrankenhauses.

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