Franziskaner Mission 3 | 2022

Hilfe für Gefangene Armut und Kriminalität in Montero, Bolivien Armut und Kriminalität bedingen sich gegenseitig. Deshalb gab es in den letzten Jahren im bolivianischen Montero eine Zunahme von Gewalt, Raubüberfällen, Vergewaltigungen, Prostitution und Drogenhandel. TEXT UND FOTOS: Ronald Ramiro Armijo Zelada ofmconv Die Stadt Montero, im nördlichen Teil des Bezirks Santa Cruz in Bolivien, hat etwa 200.000 Einwohner. Eine große Mehrheit sind Einwanderer aus dem Landesinneren. Viele von ihnen kom- men mit der Hoffnung, dass es ihnen hier bessergehen wird. Aber für viele endet der Traum von einem neuen Leben im Gefängnis. Denn oft finden sie nicht die erhoffte Arbeit, geraten in finanzielle Not, rutschen in die Illegalität und werden straffällig. Die Situation in den Gefängnis- sen in Bolivien ist besorgniserregend, denn durch ein Gesetz, nachdem Ver­ dächtige von Drogendelikten vorsorg- lich inhaftiert werden können, sind die ohnehin schon überfüllten Anstalten noch weiter belastet. Und diese Unter- suchungshaft kann Monate oder Jahre dauern! In den beiden Gefängnissen in Montero leben die Gefangenen auf engstem Raum, was häufig zu Miss- brauch und Gewalt führt. Es sind derzeit rund 65 Frauen und 1.000 Männer unterschiedlichen Alters inhaftiert. Wir Franziskaner kümmern uns um die grundlegendsten Bedürfnisse dieser Menschen. Durch unsere Arbeit möchten wir den Gefangenen vermit- teln, sich als geliebte Kinder Gottes zu fühlen und dass Gott sie trotz ihrer Feh- ler zu einem neuen Leben beruft. Wir kümmern uns um ihre Seelsorge und fei- ern mit ihnen die Heilige Messe, nehmen die Beichte ab, wir bereiten die Taufe, Erstkommunion und Konfirmation vor. Seit mehreren Jahren führen wir zusammen mit einigen Freiwilligen Hilfsprogramme durch, wie zum Beispiel Kurse für Computer, Metallverarbeitung und Landwirtschaft. Die Hoffnung ist, dass sich die Menschen nach Beendi- gung ihrer Haftstrafe mit neuen Beschäf­ tigungsmöglichkeiten wieder in die Ge- sellschaft einfügen können. Politisches Engagement Wir engagieren uns auch politisch für eine Besserung der Umstände. Wir kämpfen gegen Korruption, in die sogar die Polizei selbst involviert ist, inklusive Amtsmissbrauch und Komplizenschaft mit den Gefangenen selbst. Wir setzen uns dafür ein, dass die Gerichtsprozesse verkürzt werden, denn viele der Gefan- genen sind ohne endgültiges Urteil fünf oder sechs Jahre in ungerechtfertigter Haft. Dazu kommt, dass viele Menschen in Bolivien keine Geburtsurkunde haben und damit keinen Personalausweis. Wenn ein Gefangener die Dokumente nicht vorlegen kann, wird sein Verfahren nicht eröffnet und er bleibt in Untersu- chungshaft. Wir unterstützen auch die Familien der Insassen, denn diese leben meist in extremer Armut. Es gibt herzzerreißende Geschichten, die uns beschäftigen, denn es mangelt einfach an allem: an Unter- kunft, Nahrung, medizinischer Versorgung und Bildung. Die traurigen und besorg- niserregenden Folgen sind Prostitution, Kriminalität und Drogenabhängigkeit. Über das »Antoniushilfswerk« unserer Gemeinde »Nuestra Virgen de Las Mercedes«, in dem sich Christen ehren- amtlich engagieren, versorgen wir die Familien mit gesundem Essen und beglei- ten sie auch seelsorglich und psychisch. Wir versuchen, diesen Familien zu helfen, damit sie der Spirale von Armut und Kri- minalität entkommen können. Der Autor Ronald Ramiro Armijo Zelada ist Leiter der Kustodie des »Heiligen Franz von Assisi« in Bolivien. In Montero begleitet er zusätzlich zu seinen Aufgaben als Provinzkustos die Sozial- und Gefängnispastoral in der Pfarrei »Nuestra Virgen de Las Mercedes«. Übersetzung aus dem Spanischen: Pia Wohlgemuth Bildung, Beratung und Unter- stützung für Menschen in Not 21

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