Franziskaner Mission 3 | 2022

»Ein Weggehen kommt nicht in Frage.« Augustin Sicinski ofm lebt in Kiew. Er wohnt in einer kleinen Niederlassung der Franziskaner, es gibt nur wenige Christen des römi- schen Ritus dort. Als der Krieg begann, ist er geblieben, harrte mit Menschen in den Kellern aus. Ein Weggehen kam für ihn nicht in Frage. »Bleib bei uns«, baten die Leute. Seine Anwesenheit gab ihnen Trost und Hoffnung. »Bleib bei uns!« Franziskaner in der Ukraine TEXT: Elisabeth Mayr | FOTOS: FM-Archiv Er ist einer von den etwa 110 Franziskanern in der Ukraine, die bewusst geblieben sind, um zu helfen, berichtet Oliver Ruggenthaler ofm, der Guardian der Franziskaner in Wien und Leiter der franziska- nischen Hilfsorganisation »Franz Hilf«. Er steht in stetigem Austausch mit seinen Mitbrüdern in der Ukraine, weiß, wie es ihnen geht und – noch viel wichtiger – er erfährt so, wie er sie bestmöglich mit »Franz Hilf« unterstützen kann, auch von Öster- reich aus. Gewachsene Hilfe Die Franziskaner sind schon seit vielen Jahren, ja Jahrzehnten in der Ukraine tätig, bereits vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Diese Verbundenheit ist jetzt ein unschätzbarer Vorteil: »Wir können auf ein starkes, hier gewachsenes Netzwerk zurückgreifen, nicht nur zu unseren Mitbrüdern oder Mitschwes- tern, sondern auch zu Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft, mit denen wir auch in der Vergangenheit viel zu tun hatten«, schildert Pater Oliver, der die Hilfsorganisation seit 2013 leitet. Unter seiner Regie ist aus dem kleinen, regionalen Hilfswerk eine international agierende Hilfsorga- nisation geworden, die weltweit in 80 Ländern vertreten ist. Erster Transport: Mehl und Geld Wie diese Hilfe aussieht, das hat Pater Oliver im ersten Hilfstransport persönlich miterlebt. »Wir fuhren fünf Tage nach Kriegsbeginn an die slowakisch-ukrainische Grenze. Es war nicht möglich diese zu passieren. Un- sere ukrainischen Mitbrüder standen auf der anderen Seite der Grenze. Ich konnte zumindest durch ein Fens- ter hinüberwinken«, berichtet er. Im Gepäck hatten er und sein Mitbruder Elisäus Hrynko ofm, der Russisch sowie Ukrainisch spricht und selbst lange in der Ukra- ine gelebt hatte, vor allem Mehl und Bargeld für eine große franziskanische Bäckerei in der Karpatenukraine, die nur schwer an Ressourcen kommen konnte. Ein Ukrainer, der mit über 60 Jahren nicht mehr dem Ausreiseverbot unterlag, durfte die Hilfsgüter aus Österreich schließlich über die Grenze bringen. Pater Oliver kannte, so wie der Großteil der österreichischen, ja europäischen Bevölkerungen, keine Kriegssituatio­ nen. »Es war schlichtweg ergreifend, dieser Lage ausgesetzt zu sein.« Bei der Heimfahrt nahmen die beiden Patres zwei ukrainische Frauen mit ihren beiden Kindern mit, die unter dramatischen Umständen gerettet worden waren. »Sie sind jetzt privat in Maria Enzersdorf gut untergekommen«, freut sich der Guardi- an. Seit diesem ersten Hilfstransport wurden noch zwei weitere, um einiges größere LKW-Transporte organi- siert: einer beladen mit Medikamenten für ein Kinder- krankenhaus in Schytomyr und einer mit Sachspenden, wie Hygieneartikel und Instantnahrung. Lesen Sie weiter auf der folgenden Seite

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