Franziskaner Mission 1 | 2023

Lieber Claudius, Du wurdest, zusammen mit vielen anderen deutschen Franziskanerbrüdern, zu einer grenzüberschreitenden Aufgabe berufen. Ihr habt dazu Nordostbrasilien als Missionsgebiet gewählt. Wie viele Jahre lebst Du schon in Brasilien und was hat Dich in den ersten Jahren Deines Wirkens am meisten bewegt? Ich kam 1965 nach Brasilien. Alles war anders: der Lebensstil der Menschen, die Sprache und Kultur, das religiöse Leben. Alles erregte meine Aufmerksamkeit, sogar die kleinen Gesten unserer Nachbarn. Du bist schon lange in Brasilien und kennst durch Deine missionarische Erfahrung viele kirchliche Wirklichkeiten aus der Praxis. Hast Du besondere Unterschiede zwischen der Kirche in Brasilien und der Kirche in Europa erfahren? Die Architektur der Kirchen in Deutschland ist historisch geprägt, in Brasilien dagegen meist modern und schlicht. In Brasilien ist die Art, die Liturgie zu feiern, ganz anders als in Deutschland. Hier gibt es mehr Kommunikation zwischen den Gläubigen und den Zelebranten. Außerdem sind die Dynamik und der Einfluss der afrobrasilianischen, indigenen und portugiesischen Kulturen deutlich spürbar. In Deinem Missionarsleben hier in Brasilien warst Du ein großartiger Pastor und Du wusstest in Deiner Arbeit als Seelsorger den Glauben der Menschen mit einer sakralen Architektur in Einklang zu bringen. Dir war die äußere und innere Ästhetik von Gotteshäusern ein großes persönliches Anliegen. Aber bevor wir konkret über die Gebäude sprechen, verrate uns doch bitte, woher bei Dir die Inspirationen für inkulturierte Architektur kommen? Was mich beeinflusst hat, war die Kultivierung des Schönen unter Berücksichtigung bestimmter Regeln. Zum Beispiel muss eine Kirche von innen nach außen gebaut werden: zuerst der Platz des Altars, des Presbyteriums, der Kirchenbänke, der Belüftung, der Türen und Fenster. Es ist auch wichtig, auf die Vorschläge der Gläubigen in der Gemeinde zu hören. Der Bau eines Schuppens ist einfach, aber eine Kapelle ist anspruchsvoll. Daher ist es wichtig, den Zweck des Gebäudes zu berücksichtigen. Der Bau einer kleinen Dorfkapelle unterscheidet sich eben stark vom Bau einer großen Wallfahrtskirche. Wir wissen, dass Du lange Zeit Pfarrer in Piripiri im Bundesstaat Piauí warst und viele Kapellen in dieser Stadt und auf dem Land gebaut hast. Wie sahen die Kapellen und Kirchen damals aus und welche baulichen Herausforderungen kamen auf Dich zu? INTERVIEW: Fábio de Sousa Barroso ofm | FOTOS: Augustinus Diekmann ofm Der Franziskaner Claudius Krämer lebt und wirkt seit 1965 in der Ordensprovinz »Unserer Lieben Frau von der Himmelfahrt« im brasilianischen Nordosten. Heute genießt er seinen wohlverdienten Ruhestand in der Stadt Bacabal, im Bundesstaat Maranhão. Während seines gesamten missionarischen Wirkens war seine ständige Sorge, Kapellen und Kirchen so zu bauen und zu gestalten, dass sie für die Gemeinden wirklich einladende Gottesdiensträume sind. Über dieses Wirken, das an vielen Orten sichtbare Zeichen hinterließ, hat der junge brasilianische Franziskaner Fábio de Sousa Barroso mit unserem Brasilienmissionar gesprochen. Einladende Gottesdiensträume Ein Brasilienmissionar erinnert sich 32

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