Franziskaner - Frühling 2023

19 FRANZISKANER 1|2023 wisterlichkeit Fragen an Beate Bendel OFS: Kerstin Meinhardt der Politik christlich-franziskanische Maßstäbe einbringen. Ich denke da an einen ehemaligen Botschafter, der Mitglied in unserem Orden war. Aber auch in allen anderen Arbeitsbereichen und Berufen ist das Einbringen franziskanischen Gedankengutes ein wertvolles Glaubenszeugnis im Leben. Was hilft Ihnen, in Ihrem Alltag nach der Regel zu leben? Was fordert Sie heraus? Mir hilft der Austausch in meiner konkreten, örtlichen franziskanischen Gruppe (OFS). Spannend und bereichernd erlebe ich die Vernetzung mit den Brüdern und Schwestern aus allen franziskanischen Ordenszweigen, so in der Interfranziskanischen Gemeinschaft (www.franziskanisch.net) oder der Franziskanischen Familie in der Schweiz. Da spüre ich, dass wir ein weltweiter Orden sind. Da wir alle aus dem Geist Jesu in den Fußspuren von Franziskus und Klara leben wollen, haben wir eine gemeinsame Grundlage. Und so fühle ich mich schnell überall »zu Hause«. Herausfordernd finde ich die Anpassung der Konstitutionen (das sind die Regelergänzungen/-erklärungen, d. Red.) an die heutige Zeit. Da geht es um den Umgang mit den gleichgeschlechtlichen, geschiedenen und wieder verheirateten Geschwistern oder um die Frage, wie und durch wen Leitungsämter ausgeübt werden, welche Menschen uns geistlich bereichernd begleiten können … »800 Jahre Franziskanische Regel«, das bedeutet viel Beschäftigung mit diesem Thema in der franziskanischen Welt: Was können Menschen, die franziskanisch leben möchten, für ihren Alltag als Anregung davon mitnehmen? Franziskanisch leben ist eine Lebenshaltung. Aus Liebe zum Leben heraus Leben gestalten zu können im Vertrauen, dass Gott sich klein macht – in unser Leben kommt – und Jesus als Bruder Wegbegleiter ist. Das gilt natürlich für jeden Christen und jede Christin, die versuchen, das, was er/sie vom Evangelium versteht, in den Alltag umzusetzen. Bei uns ist jedoch Franziskus mit seiner bedingungslosen Liebe zu allen Geschöpfen dieser Erde das Vorbild, nach dem wir uns auch heute richten. Und so haben wir viele franziskanische Optionen für unser Leben: die Geschwisterlichkeit mit allen Menschen und Geschöpfen dieser Welt, die Optionen für die Armen, das Apostolat für die Kranken, den Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit und vieles mehr … Wie bereichernd es ist, mit Menschen zusammenzukommen, die dieses Charisma leben! Das ist ein großer Gewinn für mein Leben. Für mich ist die Zugehörigkeit zu unserem Dritten Orden eine feste Verpflichtung, aus diesem Geist heraus zu leben. Ein Leben lang. Daher ist für mich mein Versprechen, das ich 1984 abgelegt habe, kein Eintritt in einen Verein, bei dem ich einfach so wieder austreten kann, wenn ich keinen Bock mehr habe. Aber ich erhalte den Schatz der Geschwisterlichkeit zurück. Ich bin nicht allein auf diesem Weg. Da gibt es Menschen in unserem Orden und in der großen franziskanischen Familie, die ich sonst vermutlich niemals kennengelernt hätte, die mich nicht hängenlassen, sondern für mich da sind, mir helfen: aktiv und im Gebet. Beate Bendel OFS hat viele Jahre als Gemeindereferentin im Rhein-Main-Gebiet gearbeitet. Für ihren Traumjob hat sie die Karriere als Finanzbeamtin aufgegeben. Heute ist sie Krankenhausseelsorgerin an einem Klinikum in Frankfurt am Main.

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