Franziskaner Mission 3 | 2022

Die Hoffnung auf neues Leben, auf Familienglück, hat eine unserer Patientin auch nach neun Jahren Ehe nie aufgege- ben. Als es endlich soweit war, musste die werdende Mutter sich auf einen Kaiserschnitt in unserer Geburtsstation einstellen – statt auf eine natürliche Geburt. Das lange Warten hatte sich trotzdem gelohnt: Es kam ein gesunder, wunderschöner Junge zur Welt. Der frisch gebackene Vater hielt den Kleinen im Arm. Das entspricht in der ugandi- schen Kultur, zumindest in einem Dorf wie Rushooka, nicht den kulturellen Sitten und zeigt die große Freude des Vaters. Bei der Namenswahl, Deogratias, übersetzt: »Danke Gott«, war uns klar, wie dankbar die Familie war. Während der folgenden vorgeschriebenen Vor- sorgeuntersuchungen für das Kind in unserem Gesundheitszentrum kam die Familie immer auch bei mir vorbei und bedankte sich sehr herzlich für ihr Glück. Zu unserem Bedauern gibt es leider aber auch Erfahrungen, die wir insbesondere den Müttern ersparen wür- den. Aber das Leben schreibt Geschich- ten, die häufig nicht einmal in preisge- krönten Filmen zu sehen sind. Mitten in der Nacht wurde vor einiger Zeit eine Schwangere mit fortgeschrittenen Wehen zu uns in die Klinik gebracht. Sie wurde einfach schnell und anonym bei uns abgesetzt. Da sie geistig behindert ist und mit der Situation überfordert war, konnte sie kaum sprechen oder erzählen, wer sie war. Ärzte und Hebammen untersuchten die werdende Mutter und stellten fest, dass sie HIV-positiv war. Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, konnte sie uns von ihren drei Fehlgeburten berichten und dass sie vor drei Jahren sogenannte antiretrovirale Medikamente gegen ihre HIV-Infektion vom Gesundheitszentrum erhalten hatte. Es gab also eine archivier- te Patientenakte, in der eine Kontaktper- son genannt war. Trotzdem war es uns nicht möglich, diese Person rechtzeitig zu erreichen. Ohne zu zögern, entschie- den sich unsere Ärzte dann für einen Kaiserschnitt, um das Leben von Mutter und Kind nicht zu gefährden. Eine nicht einfache Entscheidung, denn die Ärzte benötigten in so einer Situation in der Regel die schriftliche Erlaubnis eines Vormundes. Zum Glück waren Mutter und Kind, ein kräftiger Junge, nach den Strapazen des Eingriffs wohlauf. Überraschender- weise kamen später eine Verwandte und der Kindesvater in die Klinik. Bevor wir ihn über die Konsequenzen bezüglich seines unverantwortlichen Handelns ansprachen, sagte er uns, dass er kein Geld für die Ge- burtskosten habe, aber er hoffe auf unsere Hilfe. Dank Spenden war es uns tatsächlich möglich, der kleinen Familie zu helfen. Auch eine Betreuerin kam dazu, um bei der Medikamenteneinnahme zu unterstüt- zen und den Alltag mit einem Säugling in den ersten Wochen zu begleiten. Es kommen auch Frauen in ihren ersten Schwangerschaftswochen zu uns. Nicht selten ist es eine ungewollte Schwangerschaft, durch Vergewaltigun- gen von Verwandten zum Beispiel. Um nicht von ihren Familien verstoßen zu werden, greifen ugandische Mädchen und Frauen, teils auf Anraten von Freundinnen, zu Methoden, die die Schwangerschaft beenden sollen. Die billigsten Mittel sind lokale Kräuter, die nach der Einnahme zu schnellen und schmerzhaften Blutungen und dem Abstoßen des Fötus führen. Im schlimmsten Fall sterben Mutter und Kind. Es sind unzählige Geschichten wie die genannten. Die eine endet tragisch, die andere hat ein glückliches Ende. Un- abhängig davon, wie sie ausgehen: Schon Desmond Tutu sagte: »Das Gute ist stärker als das Böse. Liebe ist stärker als Hass. Licht ist stärker als Dunkelheit. Das Leben ist stärker als der Tod.« In guter Hoffnung! »In guter Hoffnung« Geburtsklinik in Rushooka, Uganda Szenen der Hoffnung und der Verzweiflung spielen sich fast täglich im »Mother Francisca Lechner Gesundheitszentrum« im ugandischen Rushooka ab. Die Möglichkeit, Frauen und Mädchen in den unterschiedlichen Schwangerschaftsstadien zu begleiten, gehört zu unserem Alltag. Viele Begegnungen bleiben lange in Erinnerung. TEXT UND FOTO: Marlene Webler fdc Die Autorin Marlene Webler ist Brasilianerin und gehört zur »Kongregation der Töchter der göttlichen Liebe«. Sie leitet das »Mother Francisca Lechner Gesundheitszentrum« in Rushooka, Uganda. Übersetzung aus dem Portugiesischen: Márcia Santos Sant’Ana Schwester Eliane da Silva Rocha fdc bringt einer Mutter bei, das Tragetuch für ihr Baby richtig und sicher zu binden.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=