Franziskaner - Winter 2022

franziskaner 4|2022 34 Franciscans International (FI) ist eine Organisation der weltweiten »Franziskanischen Familie« und hat einen allgemeinen Beraterstatus bei den Vereinten Nationen. Die Nichtregierungsorganisation unterhält Büros in Genf und New York und hat Zugang zu allen wichtigen UN-Gremien. Als Anwältin für Menschenrechte bringt FI Anträge ein und unterstützt Angehörige benachteiligter Gruppen, ihre Anliegen direkt vor den zuständigen UN-Gremien zu vertreten. www.franciscansinternational.org Ghana: ein franziskanisches Konzept zum Sch Der Franziskaner-Minorit Joseph Blay ist Mitglied des Internationalen Vorstandes von FI und stammt aus Jema, einer Gemeinde mit etwa 10.000 Einwohner:innen. Sie liegt imDistrikt Aowin, in der RegionWestern North imSüdwesten Ghanas, im äquatorialen Regenwald mit zwei geschützten Waldgebieten. Die Landschaft ist mit Flüssen, Bächen, Hügeln und sumpfigen Böden gesegnet, was die landwirtschaftlicheNutzung begünstigt, vonder diemeisten Menschen in Aowin leben. Die Liebe des heiligen Franziskus zur Schöpfung prägt auch die Grundhaltung von Bruder Joseph. So versucht er, das Umweltbewusstsein in seiner Heimatstadt zu fördern, und engagiert sich gegen die Verschmutzung der Lebensgrundlagen durch den illegalen Goldbergbau. Naturzerstörung durch den Goldbergbau Leider hat sich der illegale Bergbau, in Ghana auch als Galamsey bekannt, in den letzten fünfzehn Jahren auf einem großen Teil der Ackerflächen und in den geschützten Wälder Ghanas ausgebreitet. Dadurchwurden die Flüsse des Landes so stark verschmutzt, dass es sich für die Ghana Water Company nicht mehr rentiert, das Wasser aus den ghanaischen Gewässern für den Verbrauch aufzubereiten. Bilder vonGhanas Flüssen zeigen dasWasser als milchig trübe Pfütze. Der hohe Quecksilbergehalt in den Flüssen zerstört Fauna und Flora imWasser, und in armenGemeinden, wo aus diesenGewässern getrunken wird, werden inzwischen missgebildete Kinder geboren. Der jüngste Boom des kommerziellen illegalen Goldabbaus sollte auch in Jema und seiner Umgebung Einzug halten. ImWissen um die großen negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen des Bergbaus hat Bruder Joseph in seiner Gemeinde und den umliegenden Dörfern gegen den Bergbau interveniert. Am 17. Januar 2019 führte er eine öffentliche Veranstaltung mit einem Bergbauunternehmen in Jema durch. Am Ende der Debatte lehnte Jema einstimmig den Bergbau in der Gemeinde ab. Dennoch wurden am 19. April 2022 acht Personen aus der Gemeinde beim Schürfen nach Gold verhaftet. Keiner der acht Täter war ein armer Schlucker, sondern eswarenGeschäftsleute undPlantagenbesitzer, zwischen 42 und 66 Jahre alt, allemehr oder weniger wohlhabend. Der sozioökonomische Status dieser Männer widerlegte die Behauptung, dass Menschen wegen ihrer Armut üblicherweise illegalen Goldabbau betreiben. Vielmehr waren diejenigen, die in Jema Galamsey initiierten und verbreiteten, durch die Gier nach schnellem Reichtum angetrieben. Der Verstoß gegen die mündliche Vereinbarung von 2019 störte den Frieden in der Gemeinde. Es war notwendig, zunächst die Voraussetzungen für Reue, Versöhnung und Frieden zu schaffen. Nach getrennten Treffenmit den verschiedenen Parteien, einschließlich der traditionellen Ältesten, der Jugendleiter und der Schuldigen, berief Bruder Joseph am 4. August 2022 eine öffentliche Versammlung in Jema ein. Ein franziskanischer Ansatz für alternative Perspektiven Auf dieser Versammlung wurde die Einigung vom 17. Januar 2019 präzisiert. Vertreter verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und Älteste des traditionellen Rates von Jema unterzeichneten das Dokument. Während der Versammlung appellierten auch über 250 Bewohner:innen von Jema in einemBrief an den ghanaischen Präsidenten, keinen Teil des Gebiets von Jema für den Goldabbau freizugeben. Bruder Joseph gab den Schuldigen die Gelegenheit, sich bei der Gemeinschaft zu entschuldigen, nachdem er die Notwendigkeit des Friedens in der Gemeinde betont hatte. Jeder wurde ermutigt, seine Meinung mit Respekt vor dem anderen zu äußern. Er gab zu verstehen, dass alle mit der Natur verbunden sind und dass keine Menge Gold die Zerstörung des Wassers und der Umwelt ausgleichen kann. Da Bruder Joseph weiß, dass insbesondere Jugendliche durch die versprochenen Tageslöhne beim illegalen

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