Oft ist das, was uns beschäftigt und uns besorgt, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.
Kann Gottes Gegenwart in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft entdeckt werden, unabhängig von der institutionellen Kirche? Das Buch von Jan Loffeld „Wenn nichts fehlt, wenn Gott fehlt“ hat eine Debatte unter Theologen angefacht.
Herausforderung der Gleichgültigkeit: Jan Loffeld hebt in seinem Buch die wachsende Gleichgültigkeit gegenüber Religion hervor und beschreibt sie als prägende Haltung in Europa. Die von ihm „Apatheisten und Egalisten“ genannten Menschen verändern die religiösen Landschaften stark. Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner argumentiert jedoch, dass diese Einschätzung zu einseitig sei. Er stellt dem entgegen, dass spirituelle Erfahrungen außerhalb traditioneller kirchlicher Räume noch lebendig sind, und schenkt damit der religiösen Pluralität größere Aufmerksamkeit.
Gottesverstecke im Alltag: Zulehner schlägt vor, den theologischen Fokus von institutionellen Strukturen hin zu subtilen und unscheinbaren Orten zu verschieben, an denen Menschen heute Spiritualität erfahren.
Das könnte bedeuten, Gott z.B. in zwischenmenschlichen Beziehungen, Kunst, Natur oder Alltagsritualen zu finden. Dies fordert eine Öffnung der Theologie gegenüber unkonventionellen und innovativen neuen Aufbrüchen.
Pastorale Neuausrichtung: Zulehner plädiert für eine Verlagerung pastoraler Arbeit – weg von einem „kirchenzentrierten Gottesimport“ hin zu einem „Gottaufspüren“. Das betont den Grundgedanken, dass Glaube und Spiritualität bereits in der Welt gegenwärtig sind und nur gehoben werden müssen. Dies impliziert, dass die Kirche eher eine begleitende als eine kontrollierende Rolle einnehmen könnte.
Mir scheint die Kirche an vielen Stellen nicht mehr durchlässig für die lebendigen Wasser des Heiligen Geistes und so suchen sich diese Wasser ihren Weg in durchlässige Gebiete. Die können ganz anders, auch verstörend, anzüglich und generell unkonventionell erscheinen. Wäre das nicht ein Zeichen dafür, dass der Geist Gottes am Werk ist, der Jesus auch vor 2000 Jahren weniger in den Synagogen und bei den Schriftgelehrten sein ließ, sondern in Gemeinschaft mit Zöllnern, Dirnen und Menschen am Rand?
Der Blick zurück, der Blick nach vorn, und der Blick nach innen.
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