Franziskus von Assisi dichtete zwei Jahre vor seinem Tod, im Winter 1224/25 in San Damiano, den Sonnengesang. Mit diesem Lied dankt er Gott für die sichtbare Schöpfung, lobt Sonne, Gestirne, Luft und Wetter, Wasser, Feuer, die Erde, Geschöpfe, Früchte und Blumen als seine Geschwister. Und er preist das Wasser als „nützlich, demütig, kostbar und rein“.
Bei der Auswahl der scheinbar widersprüchlichen Eigenschaften schätzt Franziskus Schwester Wasser sowohl als Gut, das täglich ohne großes Nachdenken gebraucht wird, als auch als Grundlage allen Lebens, das geschützt und erhalten werden muss. Diese von Franziskus erkannte Notwendigkeit des Wassers ist auch in unserer Zeit ein lebenswichtiges Thema. Von diesem Lobpreis ließ sich Papst Franziskus im Jahr 2015 in seiner Umwelt-Enzyklika „Laudato si’“ (Sei gepriesen) inspirieren. In ihr ruft er zum geschwisterlichen Umgang mit der Schöpfung auf.
Weltweit leiden heute über 2,2 Milliarden Menschen an Wassermangel oder sind im täglichen Gebrauch auf verunreinigte Wasserquellen, die diverse Krankheiten verursachen, angewiesen. Diese Situation wird sich weiter verschlechtern, wenn der Klimawandel sich verstärkt auswirkt. In nur wenigen Jahren könnte die Hälfte der Weltbevölkerung unter wasserbelasteten Bedingungen leben. Kurz gesagt: Wasser teilt auch heute die Menschheit ein in diejenigen, die Zugang dazu haben, und in diejenigen, denen er verwehrt ist.
Recht auf Wasser: Ein Menschenrecht
Das Recht auf sauberes Wasser wurde 2010 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen als grundlegendes Menschenrecht anerkannt. Dabei hält die Resolution fest, dass es für die Verwirklichung aller anderen Menschenrechte von wesentlicher Bedeutung ist. In „Laudato si’“ wiederholt Papst Franziskus diese Erklärung und fügt hinzu: „Unsere Welt lädt eine schwere soziale Schuld gegenüber den Armen auf sich, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, weil ihnen das Recht auf ein Leben verweigert wird, das ihrer unveräußerlichen Würde entspricht.“ Er warnt davor, der Zugang zu Wasser könne zu einem Privileg der Reichen werden und der Privatisierung oder Kontrolle großer multinationaler Unternehmen unterliegen.
Dieses Thema ist vielen franziskanischen Schwestern und Brüdern sehr wichtig. Sie leben und arbeiten in Pfarrgemeinden, deren Wasserquellen verschmutzt oder gefährdet sind, und sehen jeden Tag die damit verbundenen Gefahren. Deswegen wurden sie bei den Vereinten Nationen vorstellig, da es ja weltweit eine der wichtigsten Fragen ist: Inwieweit müssen Einzelne und Gemeinschaften ihre Gesundheit auf Kosten von Wirtschaftswachstum und Fortschritt gefährden lassen?
Dammbruch in Brasilien
Der brasilianische Franziskaner Rodrigo Péret weist darauf hin, dass der Bergbau zum Beispiel sogenannte „Opferzonen“ fordert, indem man die dort lebenden Menschen beschwichtigt – mit folgenden Entschuldigungen: „Wir werden zwar ein bestimmtes Gebiet zerstören, aber es dient dem Gemeinwohl!“ Oder: „Wir können nicht wählen, wo sich Mineralien befinden!“ Franziskanerbruder Rodrigo meint, auch beim Wasser sollten Gemeinschaften informiert, konsultiert und an Entscheidungen, die sie betreffen, beteiligt werden. Und es sollte gesetzliche Garantien geben, die ihre Rechte respektieren!
Rodrigo Péret hat während der letzten zehn Jahre die Vereinten Nationen wiederholt aufgefordert, strengere Maßnahmen zu ergreifen, um das Recht auf Wasser durchzusetzen und diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die dagegen verstoßen. Zu den Gemeinden, die er vertrat, gehörte auch die brasilianische Kleinstadt Brumadinho nahe Belo Horizonte im Bundesstaat Minas Gerais. Dort verursachte fahrlässiges Management und mangelnde Aufsicht im Januar 2019 einen Dammbruch, bei dem 272 Menschen ums Leben kamen. Ein dabei freigesetzter giftiger Schlammstrom kontaminierte das Einzugsgebiet des größten grundwasserführenden Flusses São Francisco. Bis heute haben die Opfer Schwierigkeiten, vom zuständigen Unternehmen eine Entschädigung zu erhalten. Und die Regierung weigerte sich, sinnvolle Maßnahmen zur Verhinderung ähnlicher Katastrophen zu ergreifen.
Bergbauverbot in El Salvador
Dass die Bemühungen der Franziskaner Früchte tragen können, zeigt ein Beispiel aus El Salvador in Zentralamerika. Dort hatten konventionelle Landwirtschaft und ein unkontrollierter Bergbau über 90 Prozent des Oberflächenwassers mit giftigen Chemikalien, Schwermetallen und Abfällen belastet. Ferner führte die Veränderung des Bodens dazu, dass ein Großteil der natürlichen Niederschläge weggespült wurde. Deshalb könnte nach einer Studie dem Land in 80 Jahren das Trinkwasser fehlen.
Der Wendepunkt kam, als ein multinationales Bergbauunternehmen versuchte, die Regierung zu einer Entschädigung in Millionenhöhe zu zwingen, nachdem ihm die Erlaubnis verweigert worden war, wegen zu erwartender Umweltbelastungen nach Gold zu graben. Öffentliche Proteste, von ständigen Bemühungen der Franziskanischen Familie und der katholischen Kirche unterstützt, drängten den Gesetzgeber im Jahr 2017, den Bergbau vollständig zu verbieten. Mit dieser erfolgreichen Aktion hat El Salvador Geschichte geschrieben! Leider war der Erfolg nicht von Dauer: Anfang 2025 kippten Präsident und Parlament El Salvadors das Verbot von Metallbergbau wieder.
Da der Zugang zu Wasser ein globales Problem ist, sind die positiven und negativen Erfahrungen der Franziskaner nicht auf nationaler Ebene beschränkt. Die Anerkennung von Wasser als Menschenrecht durch die Generalversammlung bestätigt die Wichtigkeit dieses Elements für unser Leben und verpflichtet die Regierungen, allen Menschen innerhalb ihrer Länder Zugang zu Wasser zu ermöglichen. Die Franziskaner tragen bei den Vereinten Nationen dazu bei, dass sich ihre gewonnenen Erkenntnisse in der globalen Politik widerspiegeln.
Umweltbewusstsein
Kurz nach der Erklärung der Generalversammlung veröffentlichte „Franciscans International (FI)“ einen praktischen Leitfaden, mit dem glaubensbasierte Organisationen und Basisgruppen geholfen werden soll, Herausforderungen durch Armut und Mangel an Wasserzugang auf nationaler wie internationaler Ebene zu bewältigen. Ferner trugen die Erfahrungen von FI zur Entwicklung von Leitlinien durch Menschenrechtsexperten für nationale und lokale Behörden bei. Somit machen Franziskaner die Vereinten Nationen weiterhin privat wie öffentlich auf Verstöße gegen das Wasserrecht in Gemeinden aufmerksam.
Nachdem Franziskus seinen Sonnengesang vor 800 Jahren gedichtet hat, machen seine Nachfolger heute zwar verschiedene, aber auch ähnliche Erfahrungen. Nach seinem Beispiel sprechen sie verantwortliche Politiker der Länder an und vermitteln seine Botschaft mit neuem Nachdruck. Franziskanerbruder Rodrigo ist überzeugt: „Wir Franziskaner leisten in diesem Bereich einen einzigartigen Beitrag zur internationalen Diskussion, da die Spiritualität der Heiligen aus Assisi – Franziskus und Klara – uns lehrt, im Einklang mit der Schöpfung zu leben und zu wirken.“
Das Recht auf Wasser und der Weltwassertag
Der Weltwassertag ist ein von den Vereinten Nationen ausgerufener Internationaler Tag und wird jedes Jahr am 22. März begangen. Er wurde von der UN-Generalversammlung in einer Resolution im Dezember 1992 Jahres beschlossen. Seit 2003 wird er von der UN-Unterorganisation UN-Wasser organisiert. Der Tag wird genutzt, um für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Süßwasserressourcen zu werben. Das jeweilige Jahresthema konzentriert sich dabei auf Themen, die für sauberes Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene relevant sind. In diesem Jahr steht der Schutz der Gletscher im Fokus. Zudem veröffentlichen die Vereinten Nationen ihren Weltwasserentwicklungsbericht jedes Jahr um den Weltwassertag herum.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Zeitschrift Franziskaner-Mission, Ausgabe 2/2020 und online zuerst 2/2021. Zum Weltwassertag 2025 haben wir ihn mit aktuellen Ergänzungen erneut veröffentlicht.
Ja, die Kommentare der Franziskaner Brüder und von Anke Leuschner sollten in unserer Kirche zu Schlagwörtern werden und den Aufstand gegen dieses Kriminelle Handeln an den Ärmsten der Armen wagen, aber leider Gottes hält sich die Kirche schön zurück, warum wohl, hat sie Angst an den Pranger gestellt zu werden oder sagt sie sich, das ist nicht unsere Aufgabe. Doch es wird eine Zeit kommen und wir selbst werden den Durst nach Wasser zu spüren bekommen, denn auch bei uns nehmen sich Konzerne und große Werke von diesem kostbaren Gut einfach ohne zu fragen weg und lassen dann in den Flüssen und Kanälen ihre Abwasser uns als Geschenk zurück. Ich habe schon bei so manches Klimaproblemen meine Stimme erhoben, bekam aber immer ein Pflaster auf den Mund geklebt. „Ich übertreibe, ich sehe das falsch, usw…..“
Dass Wasser ein Menschenrecht sei, wurde in einer Abstimmung im deutschen Bundestag vom 28.2.2013 mit grosser Mehrheit verneint (https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/grafik/?id=213). Damit hat sich das Mehr der Volksvertreter nicht nur gegen den Beschluss der Vereinten Nationen gestellt, sondern auch denjenigen das Menschenrecht auf Wasser abgesprochen, die sie – eigentlich – vertreten sollen.
Der CEO des Schweizer Grosskonzerns Nestlé vertritt ebenfalls die Meinung, dass der Zugang zu sauberem Trinkwasser ein Menschenrecht ist. Gleichzeitig kauft Nestlé auch in Weltgegenden mit knappen Wasserresourcen Trinkwasser zu einem extrem günstigen Preis ein und verkauft das in Flaschen abgefüllte Wasser denselben Menschen zu einem hohen Preis, denen der Konzern das kostbare Nass dank dem Zuschauen der Politik das Wasser abzapft. Und auch die Schweizer Politik schaut dem Treiben zu.
Es ist also eine unheilige Allianz von Wirtschaft und Politik, sozusagen „brothers in crime“, die hier tätig ist bzw. das Nichtstun eines Allianzpartners die Wasserausbeutung erst möglich macht. Dabei muss dieses Bündnis nicht einmal bewusst eingegangen und schriftlich vereinbart worden sein. Wirtschaft und Politik sind zwei mächtige Partner, die auch in der Vergangenheit gern Hand in Hand gearbeitet haben. Darum ist es so wichtig, dass die franziskanische Familie sich dafür einsetzt, dass die Stimmen der Betroffenen nicht ungehört bleiben und Missstände und Verletzungen des Menschenrechts auf Wasser nicht unter den Teppich gekehrt werden. Die gesamte Kirche darf nicht schweigen und muss ein Gegengewicht zum Block aus Politik und Wirtschaft werden.
Wie kann man etwas kaufen das niemandem gehört?
Das ist ganz einfach. Wenn – sagen wir einmal in Afrika – eine Wasserquelle / ein Wasserwerk in staatlichem Besitz ist, dann verkauft eben dieser Staat das Wasser an Nestlé oder andere Wasserausbeuter. Und hier tut sich die nächste Frage auf: In wessen Taschen fliesst das Geld aus dem Wasserverkauf?