Oft ist das, was uns beschäftigt und besorgt, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.
47:45 (Prozent) und 39:38 (Millionen) lauteten zwei in dieser Woche veröffentlichte Zahlenverhältnisse. Erstmals ist die Zahl der Konfessionslosen in Deutschland größer als die der römisch-katholischen und evangelischen Christen zusammen. 1990 lag der Anteil der Konfessionsfreien bei lediglich 22 Prozent, 2024 betrug er bereits 47 Prozent. Zahlen, die mich nicht kaltlassen. Zahlen, die sich in der Entwicklung unserer Ordensgemeinschaft widerspiegeln. Seit Jahren mangelt es an Nachwuchs, sodass an immer mehr Orten die Niederlassungen geschlossen werden müssen. Da ist es nicht leicht, als franziskanischer „Pilger der Hoffnung“ unterwegs zu bleiben. Auch gibt es keine einfachen Antworten auf die Herausforderungen dieses kontinuierlichen Trends, der sich fortsetzen wird. Dass es in unserer aufgewühlten Zeit dringend der Werte und der Orientierung braucht, um wieder (sozialen Zusammen)Halt zu bekommen, wird die Entwicklung nicht stoppen können.
In dieser Woche haben sich mehr als 70 Brüder zum ersten Teil unseres Provinzkapitels in Vierzehnheiligen getroffen. Dabei ging es auch um die zukünftige Präsenz der Franziskaner in Mitteleuropa. Ein Akzent war das Stichwort „Internationalität“. Unser Blick richtet sich auf international zusammengesetzte Gemeinschaften. Zwei junge vietnamesische Brüder, die derzeit für einige Monate eine Deutschlanderfahrung machen, berichteten von der hoffnungsvollen Situation in ihrem Heimatland. Das Bewusstsein, Weltorden zu sein, kann neue Perspektiven eröffnen. Uns ist klar, dass Interkulturalität ein komplexer Lernprozess ist. Vertrauen und Verständnis füreinander müssen langsam wachsen, erfordern Toleranz und Experiment. Es gilt, Ungleichzeitigkeiten in kirchlichen Reformprozessen auszuhalten.
Und dennoch braucht es den Mut, miteinander Neues zu wagen. Während des Provinzkapitels bildete ein TAU (franziskanisches Segenszeichen) so etwas wie eine „Heilige Pforte“ in den Sitzungssaal. Tagtäglich haben wir sie mehrfach durchschritten. Beschriftet war es mit den drei Wörtern HOFFNUNG, ZUVERSICHT und ZUKUNFT. Als gesegnete Pilger der Hoffnung und Zuversicht sind wir unterwegs in die Zukunft … trotz allem.
Der Blick zurück, der Blick nach vorn, und der Blick nach innen.
Franziskaner kommentieren, was wichtig ist.
Immer freitags auf franziskaner.de