Schwester Elisa Kreutzer osf

Jung, lebendig, suchend

Franziskus und die heutige franziskanische Jugendpastoral

Die Jugendjahre von Franziskus geben den jungen Menschen von heute wertvolle Impulse für eine sinnvolle Lebensorientierung. Schwester Elisa Kreutzer mit Jugendlichen vor dem Kloster von San Damiano. Bild von Schwester Elisa Kreutzer osf.

 

Unbekümmerte Jugend, ehrgeizige Zukunftspläne, durchkreuzt von Krieg, Gefangenschaft und Krankheit; Jahre der Suche, die schließlich zur Auseinandersetzung mit dem Vater und der Entscheidung für ein radikales Leben in der Nachfolge Jesu führen: So ließen sich die Jugendjahre des heiligen Franziskus in wenigen Stichworten nachzeichnen.

Von Franziskus selbst ist – bis auf seine Bekehrung als 23-Jähriger durch die Begegnung mit dem Aussätzigen im Jahre 1205/06 – kaum etwas über seine Kindheit und Jugend zu erfahren. Mit dem schlichten Satz: „Und danach hielt ich eine Weile inne und verließ die Welt“ beendet er in seinem Testament den Rückblick auf seine Jugendzeit.

Franziskanische Quellen

Bei der Suche nach den „historischen Fakten“ zur Jugendzeit des Franziskus lohnt sich ein Blick in die verschiedenen franziskanischen Quellen. Sie berichten sehr unterschiedlich, aus je eigener Perspektive und allesamt mit mehr oder weniger zeitlichem Abstand über die Jugendjahre des Heiligen aus Assisi.

Die erste Lebensbeschreibung des Thomas von Celano stellt den jungen Franziskus als verzogenen, in Sünden und Lastern verstrickten Jugendlichen dar, der allein durch Gottes Gnade eine Wandlung zum Positiven erfährt. Eine Jugendzeit, die sehr klischeehaft den großen Kontrast zwischen dem anfänglichen Leben in tiefer Sünde und dem späteren Leben in großer Heiligkeit betont.

Ganz anders hingegen ist das Bild, das Celano dann in seiner zweiten, 17 Jahre später entstandenen Lebensbeschreibung aufzeigt – dieses Mal mit Berücksichtigung der Erfahrungen von Freunden, Verwandten und Bürgern Assisis, die Franziskus als Jugendlichen erlebt hatten. Dort ist von „Franziskus’ Hochherzigkeit“ und seiner „Ehrbarkeit der Sitten“ die Rede. Es gab auch Viele, denen der heranwachsende Franziskus „wegen seiner guten Neigungen gefiel“.

Detailreich beschreibt die „Dreigefährtenlegende“ die Jugendjahre von Franziskus. Von ihr erfahren wir, dass Franziskus „das Kaufmannsgeschäft“ des Vaters ausübte, „jedoch ganz anders, denn er war viel freigebiger und heiterer.“ Außerdem war Umherziehen auf den Straßen angesagt, Spielen und Singen, großzügig, ja sogar recht verschwenderisch Geld ausgeben für Gastmähler, teure Kleidung und andere Dinge. Bei allem jugendlichen Treiben und Feiern berichten die Dreigefährtenlegende und auch der Biograf Bonaventura von Franziskus’ Freigebigkeit gegenüber Armen, seiner Freundlichkeit, Höflichkeit und guten Erziehung.

Franziskanische Jugendpastoral heute

Nun hat franziskanische Jugendpastoral, wie sie heute an vielen Orten weltweit geschieht, sicherlich nicht nur die Jugendjahre des heiligen Franz von Assisi zur Grundlage, sondern bezieht sein ganzes Leben und Wirken – mit all seinen Tatsachen, Legenden und Facetten – mit ein. Was verbindet also heutige, franziskanische Jugendpastoral konkret mit der Jugendzeit des heiligen Franziskus?

So vielfältig wie die verschiedenen Quellen über Franziskus’ Jugendzeit und sein Leben berichten, so vielfältig gestaltet sich die franziskanische Jugendpastoral. Im deutschsprachigen Raum gibt es seit vielen Jahren ein buntes, breitgefächertes, franziskanisches Angebot für Jugendliche.

Bei Jugendwallfahrten und Pilgerwegen nach Assisi und an andere franziskanische Orte, bei Franziskusfesten sowie in Jugendräumen und Gästehäusern kommen Jugendliche mit der franziskanischen Spiritualität in Berührung. Dort erfahren sie, im gemeinsamen Unterwegssein und Feiern, konkret die Zusage Gottes: „Du bist nicht allein!“ Sie begegnen Gleichaltrigen und spüren – wie damals auch der junge Franziskus mit seinen Freunden und später mit seinen Brüdern – die Kraft und Stärkung der Gemeinschaft, des Miteinander-auf-dem-Weg-Seins.

Des Weiteren laden Schwestern und Brüder junge Menschen zum Mitleben und Mitbeten in ihre Klöster und Konvente ein. Wie beim jungen Franziskus kommt auch hier oft etwas bei den Jugendlichen in Bewegung, lässt sie nachdenken über ihr Leben, ihren Alltag, über ihren Glauben und ihre Fragen. Ein besonders intensives Angebot ist das franziskanische Berufungsjahr, das verschiedene franziskanische Gemeinschaften gemeinsam in Österreich anbieten, um jungen Erwachsenen in Entscheidungsfindungen zu begleiten.

In „Carceri-Zeiten“ (eine Art von Wüstentagen), bei Geistlichen Tagen, Quellen- oder Einkehrtagen bekommen junge Menschen in der franziskanischen Jugendpastoral Zeit und geschwisterliche Begleitung zur persönlichen Sinn- und Lebenswegsuche. Der Abstand zum Alltag – dem Eingebundensein in Schule oder Studium – schafft bei jungen Menschen Raum. Ähnlich ging es vermutlich Franziskus während Gefangenschaft oder Krankheit. Dieser Raum schafft die Möglichkeit, das eigene Leben, Werte und (Ziel)Richtungen zu überdenken.

So geben die Jugendjahre des Franziskus sowie die Vielfalt franziskanischer Jugendpastoral heute wichtige Impulse für junge Menschen, wollen sie begleiten zu „pace e bene – Friede und Lebensfülle“.

Erstveröffentlichung Franziskaner Mission / 2018, 3

 


 

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