Die Gäste mittags bekamen 333 halbe Hähnchen, die Gäste abends 33g Schwarztee mit Kakaogeschmack und Soljanka-Suppe.
Am 4. April 1991 kochte die Gründerin der Suppenküche am Franziskanerkloster in Berlin-Pankow, Sr. Monika, die erste Suppe für 5 Personen. Am 4. April 2024 konnte die Suppenküche auf 33 Jahre Bestehen zurückschauen. Das Motto in all den Jahren: „Überleben ist eine Kunst; wir unterstützen die Künstler“.
Eingeladen zum Jubiläum waren fünf Hauptamtliche, 150 Ehrenamtliche und 1300 Spender zu Sektempfang und Soljanka-Suppe. Kein Galaabend sollte es werden, sondern ein Dankabend für die Ehrenamtlichen und Spender. Die Suppenküche wird zu 100 % aus Spenden finanziert und lebt vom ehrenamtlichen Engagement. Es war ein gelungener Abend mit Musik und Austausch, mit Führung durch alle Räume, moderierten und spontanen Gesprächen.
Herr Thierse, ehemaliger Bundestagspräsident, betonte, wie wichtig das Ehrenamt und die Solidarität von Bürgern seien. 40 % des Bundeshaushalts fließe ins Soziale. Dennoch könne der Staat nicht alle Notlagen auffangen. Provinzial Br. Markus versicherte ein Verbleiben der Brüder vor Ort so lange wie möglich und erläuterte die anstehenden Renovierungsarbeiten im Kloster. Der Liedermacher H. Arndt sang zum Abschluss ein Lied über das Echo. Die Suppenküche der Franziskaner hat ein gutes Echo, nicht nur in Pankow.
Dieses Willkommen gilt bis heute. Jeden Tag.
Von Christhard Läpple
Man nehme: Jagdwurst geschnitten. Ketchup. Gewürzgurken mit Brühe. Paprikaschoten Farbe egal. Zwiebel oder Schalotten. Passierte Tomaten. Wasser nach Bedarf. Salz und Pfeffer. Paprikapulver. Ausreichend Würfel Gemüsebrühe. Etwas Zucker. Saure Sahne. Zubereitungszeit eine gute Stunde. Für rund 250 Portionen bedarf es vieler helfenden Hände. So gelingt der ostdeutsche Klassiker, deutlich feiner als vor der Wende. Keineswegs jedermanns Sache. In heutigen fleischarmen Zeiten eher verschmäht. Aber: Es ist ein nahrhaftes Hauptgericht. Preiswert, schnell und lecker. Soljanka – das Festmahl zum 33. Geburtstag der Suppenküche Pankow, der größten Armenküche der Hauptstadt. Der Wunsch von Ehrengast Wolfgang Thierse, einst Bundestagspräsident. Die Soljanka wird in einem Kloster in Pankow serviert, kurz vor der früheren Mauer. Sitz der Franziskaner. Die Wollankstraße: Eine gute Adresse.
„Hast Du nicht etwas zu essen für uns?“ Das wurde Schwester Monika Anfang der Neunzigerjahre gefragt. Sie war gerade aus dem Thüringer Eichsfeld in das frisch vereinte Berlin gezogen. Sie wollte helfen. So fing sie bei den Franziskanern im kleinen Kloster an der Wollankstraße an, für Menschen in Not eine warme Mahlzeit zu kochen. Guten Appetit! Die neue, kostenlose Anlaufstelle sprach sich in Windeseile herum. Bis zu fünfhundert Menschen verharrten zur Mittagszeit im Hof der Franziskaner in langen Schlangen: bei Wind, Wetter und Kälte. Der Sozialismus hatte seine Kinder in die neue Freiheit des Kapitalismus entlassen. Viele, zu viele, kamen mit dem ruckartigen Wandel nicht klar. Der Andrang zur Armenspeisung nahm von Woche zu Woche zu. Das Motto der Suppenküche: „Arm überleben ist eine Kunst. Wir helfen den Künstlern.“
Dieses Willkommen gilt bis heute. Jeden Tag. Punkt 12.45 Uhr. Wenn die Glocke läutet, startet die Essensausgabe. Seit nunmehr dreiunddreißig Jahren. Eine warme Suppe für die Ärmsten der Armen. Bis zu 150.000 Portionen pro Jahr. Umsonst. Niemand wird nach einem Sozialausweis gefragt. Ein Segenswunsch gehört zur Tradition. In der Schlange wartet beispielsweise Alex: „1990 wurde mir die Arbeit genommen, weil eben diese Scheiß-Einheit kam. Die Suppenküche ist meine zweite Heimat.“ Sein Nachbar mit Schiebermütze pflichtet bei: „Pech gehabt. Arbeit verloren. Krank geworden. Frau gestorben. Nun bin ich allein. Zuhause kochen lohnt sich nicht für mich. Ja. Das Essen hier ist wunderbar.“ Zurzeit kommen täglich über zweihundert Menschen. Ihre Gründe: Wohnungskündigung, Firmenpleite und Obdachlosigkeit. Scheidung, Schulden oder karge Altersrente. Alkohol, Krankheit und Depression. In der Suppenküche wird niemand nach dem Warum gefragt.
Die Suppenküche erhält keinen einzigen Cent Steuer oder Kirchengelder. Die Franziskaner wollen unabhängig bleiben. Das kleine Wunder ist gelungen. Rein auf Spendenbasis finanzieren sie Essensausgabe, Kleiderkammer und sozial-medizinische Versorgung. Franziskaner-Bruder Rudolf: „Ich habe selbst zehn Jahre in einer Obdachlosen-Siedlung gewohnt, im Ruhrgebiet. Ich habe 25 Jahre bei psychisch Kranken in Psychiatrien gearbeitet. Das heißt: Wir Franziskaner sind gerne bei den Menschen am Rand.“ Die Suppenküche wird zu hundert Prozent aus Spenden finanziert. Das große Glück der Franziskaner: Ihnen wird weiter geholfen. Trotz Krieg, Krise und Inflation. Freiwillig, mit Geldspenden oder Kleidung. Über 150 Ehrenamtliche gehören zum Team. Ukrainische Frauen helfen in der Küche. Nicht wenige Ehren- und einige der Hauptamtlichen sind selbst ehemalige Notleidende.
Was kann ich tun? Bernd Backhaus, Leiter der Suppenküche antwortet: „Wer kann, möge spenden. Jeder Euro zählt“. Und die anderen? „Ach“, ergänzt der baumlange Chef, „es reicht schon, die vielen Obdachlosen wahrzunehmen, anzuschauen. Nicht wegsehen. Wie wäre es mit einem Lächeln?“ Das sei ein erster Schritt. Wer mehr unternehmen möchte, könne jederzeit ehrenamtlich mitmachen. Suppenküchen-Gründerin Monika gehört nicht mehr zum Team. Doch die Pionierin bleibt aktiv: „Ist doch klar. Ich kümmere mich jetzt um Frauen in Not. Schwangere, Alleinerziehende, Wohnungslose. Da habe ich mehr als genug zu tun. Ich komme kaum hinterher.“ Letzte Frage: Kann die Armenspeisung in Pankow eines Tages überflüssig werden? Zwei ältere Stammgäste mit Einkaufsporsche schütteln den Kopf: „Das werden wir nicht mehr erleben. Höchstens da oben im Himmel. Dort, wo das Paradies sein soll.“