19.11.2023 Provinzialminister Bruder Markus Fuhrmann

Feurig hat sie geliebt!

Gedanken zum Elisabeth-Fest

Ihr Leben und Wirken wird als „feurig“ beschrieben. Da muss also deutlich mehr gewesen sein als nur das huldvoll karitative Wirken einer jungen Adligen. – Wer war diese Elisabeth von Thüringen? Bild von Deutsche Franziskanerprovinz

Im Provinzialat der Franziskaner in München hängt ein Bild von der heiligen Elisabeth. Ziemlich herrschaftlich und huldvoll wirkt sie da, die Provinzpatronin der Deutschen Franziskanerprovinz, die wir am 19. November feiern.

„Feurig hat sie geliebt“, so charakterisiert Papst Gregor IX. ihr Leben und Wirken. Da muss also deutlich mehr gewesen sein als nur das huldvoll karitative Wirken einer jungen Adligen. – Wer war diese Elisabeth? Und was ist das für ein Feuer, das in ihr gebrannt hat?

Ihr kurzes Leben lässt sich knapp zusammenfassen: Elisabeth wird im Jahr 1207 in Ungarn geboren. Es ist die Zeit, in der sich viele Menschen auf das Evangelium zurückbesinnen, sich Armutsbewegungen anschließen oder durch radikale Hinwendung zu Gott und den Menschen ihre Umgebung provozieren. Denken wir an Franz und Klara von Assisi, an Dominikus oder an Katharina von Siena. Mit vier Jahren kommt die Königstochter von Ungarn auf die Wartburg. 14-jährig wird sie 1221 mit dem Landgrafen Ludwig vermählt und erlebt eine kurze, glückliche Ehe. Ludwig stirbt 1227 auf dem Kreuzzug. Elisabeth verlässt daraufhin die Wartburg und trennt sich von ihren Kindern. Sie zieht nach Marburg, errichtet ein Spital und pflegt dort Kranke und Leidende. Sie stirbt 1231 mit nur 24 Jahren. – Das sind die äußeren Daten. Aber schauen wir genauer hin!

Elisabeth ist eine Frau, die leidenschaftlich in Beziehung lebt, die Beziehungen pflegt und mutig die Konsequenzen daraus trägt. Ihre Beziehungen lassen sich nicht auseinanderdividieren: hier Mensch, dort Gott. Sie geht aufs Ganze in ihrer Beziehung zu Ludwig, in ihrer Beziehung zu Gott und in ihrer Beziehung zu ausgegrenzten Menschen.

So verweigert Elisabeth beispielsweise alle Speisen, die den Untertanen von Steuereintreibern unrechtmäßig abgenommen wurden. Sie lässt sich von Untergebenen mit „Du“ anreden lässt, verschenkt ihre Kleider und setzt sich entgegen der höfischen Sitte bei Tisch neben ihren geliebten Ehemann. Ohne Ludwig hält Elisabeth es nicht lange aus. Auf seinen Reisen begleitet sie ihn oft. Kommt es dennoch zur Trennung, so begrüßt sie ihn bei seiner Heimkehr stürmisch und „küsst ihn mit Herz und Mund und mehr denn tausend Stund“, wie ihr Chronist berichtet. Als Ludwig 1227 zum Kreuzzug aufbricht, kommt er nur bis Brindisi, wo er an einem Fieber stirbt. Als Elisabeth von seinem Tod erfährt, schreit sie, die sie gerade ihr drittes Kind erwartet, laut auf: „Tot ist er, dann ist mir die Welt tot und alles, was an ihr süß ist.“ Ihr Schmerz und ihre Trauer sind grenzenlos. „Könnte ich ihn wiederhaben, so wollte ich ihn gegen die ganze Welt eintauschen, selbst wenn ich mit ihm betteln gehen müsste. Aber gegen deinen Willen möchte ich ihn – dafür bist du Zeuge – nicht um den Preis eines einzigen Haares zurückkaufen. Ich empfehle ihn und mich deiner Gnade. An uns geschehe dein Wille!“ – So liebt Elisabeth. Es geht ihr ums Ganze, nicht um sich selbst.

Ihre Beziehung zu Gott drückt sich besonders in der Verehrung der Leiden Christi aus. Mit dieser Frömmigkeit ist sie ganz Kind ihrer Zeit. Sie will sich selbst schenken, restlos, will radikal Jesus nachfolgen, um so eine Antwort auf die menschgewordene Liebe Gottes zu geben. So ist es nur konsequent, dass die Leidenschaft einer Elisabeth sich dann auch in der Hinwendung zu den Armen ausdrückt. Wie Franziskus glaubt Elisabeth, dass Gott das Schwache, Niedrige und Verachtete erwählt hat. Sie lebt damit konkret und hingebungsvoll das Wort des Evangeliums: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Ihre Hingabe an die Armen versteht sie zugleich als Hingabe an Christus, den Menschgewordenen.

„Feurig hat sie geliebt“, sagte Papst Gregor im Blick auf Elisabeths Leben. Feurig hat sie geliebt: nicht nur ihren Mann, sondern auch die Armen und Ausgegrenzten, in denen sie Christus selbst erkannte. Diese Entschiedenheit verlieh ihrem kurzen Leben Ausrichtung, Sinn und Nachhalt.

Und wie sieht das bei mir aus? Wie steht es um mein inneres Feuer? Wofür brenne ich? Wen liebe ich? Für wen oder für was setze ich mich ein? Und wie bin ich in Beziehung mit meinen Mitmenschen, mit Gott… und mit mir selbst? In einer Zeit der Krisen und der Kriege, der Umbrüche und Abbrüche in Kirche, Orden und Gesellschaft, sind das vielleicht die wichtigsten Fragen überhaupt. Denn sie fragen nach dem, was mich trägt und meinem Leben Orientierung gibt.

„Tut, was ihr tut, mit ungeteiltem Herzen!“ – so würde Elisabeth uns heute vielleicht zurufen. Wir müssen nicht die Welt retten. Und wir brauchen auch nicht so zu tun, als wären wir so feurig, wie Elisabeth es war. Aber wir dürfen uns von ihrem Lebens- und Glaubenszeugnis provozieren und inspirieren lassen. Ihr Beispiel kann uns Mut machen, von ganzem Herzen Mensch zu sein – jede und jeder an seinem Platz, jeden Tag neu.


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