03.12.2023 Pater Cornelius Bohl

Vorsicht! Christkind!

Ein Adventsimpuls von Pater Cornelius

Darstellung einer filigranen Tonkrippe in Greccio. Bild Deutsche Franziskanerprovinz

Die kleine Schachtel im Zimmer eines älteren Mitbruders hat mich im ersten Moment zum Schmunzeln gebracht: „Vorsicht! Christkind!“ stand darauf geschrieben. Tatsächlich war die darin verpackte wächserne Krippenfigur des Jesuskindes zerbrechlich, man sollte behutsam damit umgehen, falls man sie am kommenden Weihnachtsfest wieder gebrauchen wollte. Trotzdem irritiert die Aufschrift. Vorsicht, bissiger Hund! Oder: Vorsicht, Glatteis! Vorsicht, gefährliche Kreuzung! Das leuchtet sofort ein. Aber „Vorsicht! Christkind!“?

Weihnachten ist ein liebliches und tröstliches Fest. Eigentlich müssten wir aber vor der Krippe auch erschrecken und ins Fragen kommen: Gott wird Mensch!? Geht das überhaupt? Ein kleines Kind, das schreit und friert und in die Windeln macht – das soll Gott sein? Jesus, der verraten und gefoltert und umgebracht wird – ist er wirklich Gottes Sohn? Der „holde Knabe im lockigen Haar“ ist nicht nur ein „Kindelein süß“, er provoziert, er ruft zur Umkehr und stellt in Verantwortung. Vorsicht! Christkind! Das heißt dann plötzlich: Vorsicht! Pass auf, dass du Weihnachten nicht zu naiv feierst. Weihnachten ist ein gefährliches Fest. Wenn ich mich auf dieses Kind einlasse, dann hat das Konsequenzen. Dann bleibt mein Leben nicht einfach so, wie es ist.

Vorsicht! Christkind! Das heißt auch: Gott macht sich klein und zerbrechlich. Damals und heute. Er begegnet in Menschen, die schwach sind, in den Armen und Kranken und in denen, die mit ihrem Leben allein nicht zurechtkommen. Sei vorsichtig, pass auf, dass du ihn da nicht übersiehst! Gehe achtsam und respektvoll mit den Menschen um, denen du begegnest. Denn seitdem Gott Mensch wurde, kann er uns in jedem Menschen begegnen.

Vorsicht! Zerbrechlich! Unser Leben ist zerbrechlich. Der Friede ist zerbrechlich. Wir Menschen sind zerbrechlich. Schon die Corona-Pandemie hat alte Sicherheiten tief erschüttert. Nun verändern der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Terrorattacken der Hamas in Israel mit all den schrecklichen Folgen ein weltweites Sicherheitsgefüge, Ausgang offen. Wir müssen neu erleben, zu welchen Grausamkeiten der Mensch fähig ist. Wie zerbrechlich und gefährdet ist das Menschsein! Um wirklich Menschen zu bleiben, müssen wir respektvoll miteinander umgehen und aufmerksam füreinander Verantwortung übernehmen. Vorsicht! Christkind! Das heißt nicht zuletzt: Vorsicht! Mensch!

Behutsame Aufmerksamkeit braucht auch das Geschenk des Glaubens. Er ist schnell zerbrochen. Lebt Christus in mir, wie Paulus sagt? Also: Vorsicht! Christkind!

In diesen Tagen des Advents bereiten wir uns auf Weihnachten vor. Jedes Jahr neu lernen wir das Staunen darüber, das Gott Mensch wird. Das ist ein tröstlicher Glaube. Aber er ist auch herausfordernd und gefährlich. Darum gehört zum Advent der Aufruf, aufmerksam und wach zu sein: Vorsicht! Christkind!


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