Bruder Maximilian Wagner

Antonius von Padua: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“

Eine Antoniuspredigt von Bruder Maximilian Wagner

Der um 1195 geborene Antonius kam im portugiesischen Coimbra mit Mönchen in Berührung, die sich auf Franz von Assisi im fernen Italien bezogen. Als er im Jahr 1220 vom Martyrium von fünf Franziskanern erfuhr, die in Marokko kurz zuvor wegen ihres christlichen Glaubens getötet worden waren, trat Antonius im selben Jahr selbst zu den Franziskanern über.

Als Missionar begab er sich auf den Spuren der franziskanischen Märtyrer zunächst nach Marokko. Aufgrund einer Krankheit musste er wieder die Heimreise antreten, landete nach einem Schiffbruch aber in Italien, wo er nach weiteren Reiseetappen 1221 auf den heiligen Franz von Assisi traf, der den begabten Redner und Ordensmann 1224 zum Lektor der Theologie für die Minderen Brüder des Ordens an der Universität in Bologna und zum theologischen Leiter des Ordens machte.

Nachdem Antonius von 1227 bis 1230 als Bußprediger in Oberitalien tätig gewesen war, wurde er Ordensprovinzial in Padua, wo er die letzten Jahre seines Lebens verbrachte. Er verstarb am 13. Juni 1231. Die Antonius-Basilika in Padua, wo Reliquien des Heiligen aufbewahrt werden, ist eine vielbesuchte Wallfahrtsstätte.

Heiliggesprochen wurde Antonius schon wenige Monate nach seinem Tod am 30. Mai 1232 von Papst Gregor IX.. Am 16. Januar 1946 erhob Papst Pius XII. Antonius zum Kirchenlehrer.

Der 13. Juni ist der Festtag des hl. Antonius.

 

Antonius predigt den Menschen. Bleiglasfenster in der Pfarrkirche in Oelde. Bild von Bruder Petrus Schüler

„Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“

Eine Antoniuspredigt von Bruder Maximilian Wagner

Als der heilige Antonius von Padua gelebt und gepredigt hat, war Geld als allgemeines Zahlungsmittel erst im Entstehen, keiner kannte daher seine Faszination und Macht, geschweige denn dessen Risiken und Nebenwirkungen.

Geld verdienen und haben zu wollen, ist an sich nicht verwerflich. Aber dahinter steckt eine krankhafte Sehnsucht, nämlich der große innere Antreiber bei uns Menschen: die Angst, zu kurz zu kommen und zu wenig zu haben.

„Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“, sagt Jesus in der Bergpredigt. Die Frage stellt sich uns immer wieder: Wo ist unser Schatz? Was ist uns das Wichtigste? An was hänge ich mein Herz? Werde ich von meinem Geld oder Besitz beherrscht? Habe ich Angst, es zu verlieren? Wenn wir Gott und seiner Sache den ersten Platz geben, dann wird er uns auch helfen, mit unserem Geld und Besitz verantwortlich umzugehen.

„Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ – über diese Bibelstelle soll der hl. Antonius einmal anlässlich einer Beerdigung gesprochen haben, so die Legende: „In der Toskana beging man einmal mit großer Feierlichkeit das Begräbnis eines sehr reichen Mannes. Bei dieser Beerdigung war der hl. Antonius dabei, der über das Bibelwort predigte: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“. Da der herzlose Ausbeuter zeitlebens sein Herz nur bei seinen Goldmünzen, für die Not seiner Umgebung aber kein Herz übrig hatte, prophezeite Antonius bei der Beerdigung den Verwandten: „Geht zu seinen Schätzen und inmitten derer werdet ihr sein Herz finden, weil es nicht in seinem Körper blieb.“ Als sie nachschauten, fanden sie – wie vorhergesagt – das noch warme Herz in der Goldgrube. Angeblich hatten vorab Chirurgen die Brust des Leichnams geöffnet und dort kein Herz gefunden.“

Soweit die Geschichte. Einmal davon abgesehen, ob sie sich wirklich so zugetragen hat oder ob es sich dabei nur um eine bildliche Ausgestaltung des besagten Bibelwortes handelt, bei seinen Fastenpredigten wollte Antonius nicht nur die Umkehr im innersten Herzenskämmerlein, er veranlasste sogar ein neues Gesetz zum Schutz der Armen, das am 15. März 1231 vom Stadtrat in Padua auf seine Initiative hin verabschiedet wurde:
„Auf Bitten des ehrwürdigen Bruders, des heiligmäßigen Antonius, des Beichtvaters aus dem Orden der Minderbrüder, darf künftig kein Schuldner oder Bürge persönlich seiner Freiheit beraubt werden, wenn er zahlungsunfähig ist. Haften kann er in einem solchen Fall mit seinem Besitz, aber nicht mit seiner Person und Freiheit!“

Wenn wir uns vor Augen halten, was bis zu diesem neuen Gesetz gängige Praxis war, dann war das menschenunwürdig: In Padua, wie in vielen anderen Städten Italiens, haftete jeder für seine finanziellen Angelegenheiten eben nicht nur mit seinem Vermögen, sondern mit seiner persönlichen Freiheit. Wer nicht zahlen konnte, der wanderte ins Gefängnis – und das meist lebenslang. Er war verloren, und mit ihm normalerweise die ganze Familie. Ein solches Vorgehen traf natürlich in der Regel die „Kleinen“, die am verwundbarsten waren: da hatte sich eine arme Familie mühsam etwas angespart und sich eine bescheidene Existenz aufgebaut. Dann wird der Vater der Familie, der Hauptverdiener, unverschuldet krank, plötzlich ist kein Geld mehr da, die Rechnungen aber flattern weiter ins Haus. „Ab ins Gefängnis“ lautete dann die Parole in der Zeit vor dem neuen Gesetz.
Jedenfalls kam es zu einer großen Kluft zwischen den Mächtigen und Reichen und denen, die fortwährend auf der Schattenseite des Lebens stehen. Auf der einen Seite die „maiores“, die einflussreichen Großen, auf der anderen Seite die „minores“, die kleinen und zu kurz gekommenen Leute. Wenn Franziskus seine Bruderschaft „Fratres minores“ nannte, also die „kleineren Brüder“, dann zeigte das auch, für wen er Partei ergriff. Und dass Antonius fest in dieser Tradition stand, beweist dann auch sein großer Predigteinsatz in Padua und die Früchte, die er trug.

Die aufkommende Geldwirtschaft schuf neue soziale Probleme und verschärfte die alten. Die, die ohnehin nichts hatten, zogen in derartigen Umbruchszeiten dann oft den Kürzeren, hatten noch weniger Chancen, sich von Fehlschlägen und Misserfolgen zu erholen. Es entstand in dieser Zeit in den Städten Italiens tatsächlich ein „städtisches Proletariat“, Habenichtse ohne Perspektive.

Ein besonderes Problem zur Zeit des hl. Antonius stellten die Geldverleiher und die neu entstehenden Banken dar. Geschäftstüchtige Leute sahen ihre Chance im wachsenden Geldbedarf weiter Kreise und eröffneten Leihbanken, die aber durch Wucherzinsen zur Verschuldung vieler Menschen führten und diese in hoffnungsloses Elend stürzten. Denn wer geliehenes Geld nicht samt den hohen Zinsen innerhalb einer bestimmten Frist zurückzahlen konnte, oder wer sich für einen solchen Zahlungsunfähigen verbürgt hatte, wurde auf Betreiben der Großgrundbesitzer eingekerkert.
Da sind wir wieder bei der Gefängnisstrafe für Zahlungsunfähige, bei der Antonius eingriff. Dass seine Predigt, seine mahnenden Worte gegen diese menschenverachtenden Zustände damals auf offene Ohren trafen, grenzt an ein Wunder.

Im Handeln des Heiligen wurde Glaube spürbar und befreiend: Antonius stellte den geschwisterlichen Frieden bei Unstimmigkeiten wieder her; er gab Gefangenen ihre Freiheit wieder; er ließ zurückerstatten, was mit Gewalt und Wucher entwendet worden war. Es kam angeblich soweit, dass man Häuser und Land mit Schulden belastete und den Erlös dem Heiligen zu Füßen legte; auf seinen Rat hin wurde geraubtes Gut den Bestohlenen zurückerstattet. Er befreite Prostituierte aus ihrem schändlichen Gewerbe, und Diebe, die wegen ihrer Missetaten berühmt waren, bewahrte er davor, erneut schuldig zu werden.

Mutig prangerte Antonius die Ungerechtigkeiten seiner Zeit öffentlich an und machte sich selbst zum Anwalt der Armen und Benachteiligten. Wie ein Rechtsanwalt sorgte er dafür, dass die soziale Ordnung eingehalten und – wo nötig – wiederhergestellt wurde. Selbst gegenüber Bischöfen und Fürsten nahm er sich kein Blatt vor den Mund, sondern sprach Missstände mutig und entschieden an, nannte das Unrecht beim Namen und bot lebensnahe Lösungsvorschläge an. Aus einer biblischen Grundhaltung heraus und mit evangelischer Hoffnungsperspektive durchbrach er den Teufelskreis, in dem die Armen immer bedürftiger und die Reichen immer wohlhabender wurden.

Viele suchten bei ihm Rat und erfuhren, dass seine Worte vom Leben gedeckt waren. Sein Beispiel steckte an und machte Mut, den biblischen Geschichten Glauben zu schenken und sie mit dem eigenen Leben in Verbindung zu bringen. „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz … und wovon dein Herz voll ist, davon spricht der Mund“.

Alle Leute, die dem hl. Antonius begegneten, spürten, dass seine Worte von Herzen kamen und dass er in seinem Herzen ein wahres Schatzkästchen trug. Als Augustinermönch hatte er sich in jahrelangem Studium mit der Bibel und den Deutungen der hl. Schrift auseinandergesetzt. In der Stille der Einsiedelei hatte er Bibelverse meditiert und verinnerlicht, sodass er bei seinen Wanderpredigten diese auswendig zitieren und aus dieser inneren Quelle schöpfen konnte.

Die Worte seiner Predigt begeisterten und schufen eine Vertrauensbasis. Viele änderten nach seiner Predigt ihr Leben. Seine Worte hatten etwas in ihnen angestoßen, das der Umkehr, Erneuerung und Heilung bedurfte. Und sie spürten, wie dieser Schritt ihr Leben zum Guten hin verwandelte.
Leben und Botschaft des hl. Antonius wollen auch uns Mut machen, das Vertrauen in Gott und seine Allmacht zu erneuern, Worte der Bibel zu beherzigen und aus ihnen heraus engagiert unser Leben zu gestalten. In den Worten der Bibel schlummert ein Schatz, den es im eigenen Leben zu heben gilt. Denn wer sein Herz am rechten Fleck hat, der weiß sich bei Gott daheim und kann ihm auch in finanziell schwierigen Zeiten getrost sein Leben anvertrauen und überlassen.

Amen.


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