27.08.2021 Bruder Damian Bieger

Betroffenheit oder Mitleid?

<> Der Kommentar der Woche

Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Damian Bieger

Was für Bilder! Das vielbeachtete Großereignis Olympische Spiele findet wegen der Pandemie vor fast leeren Zuschauertribünen statt. Doch während im fernen Tokio die Sportler Höchstleistungen bei den olympischen Spielen bringen, brennt durch eine Naturkatastrophe biblischen Ausmaße beinahe die Herkunftsstätte des sportlichen Großereignisses ab. Für Deutschland widmet gleichzeitig eine Medaillengewinnerin ihren Sieg den Menschen in ihrem gerade von einer Hochwasserkatastrophe verwüsteten Heimatort. Parallel zerreißt es einem das Herz verzweifelten Menschen ohnmächtig zuzusehen, wie sie sich in Afghanistan vor den Toren des Kabuler Flughafens drängeln oder sich an ein startendes Flugzeug klammern.

Noch ein Bild, auch, wenn es darüber nie einen Fernsehbeitrag geben wird: In unserem (öffentlich zugänglichen) Klostergarten in Dortmund treffe ich eine Frau, die ihren schwerkranken und praktisch nicht mehr ansprechbaren Mann im Altenheim nebenan täglich besucht. Sie nimmt sieben Mal in der Woche den Weg von zu Hause auf sich und schiebt ihn mit seinem Rollstuhl spazieren.

Alle diese Bilder gehen mir nach! Nur von welchen Bildern lasse ich mich leiten?

Fernseh- und Videobildern eignet die Gefahr den Betrachter entweder abzustumpfen oder planlos zu emotionalisieren. Die Folge: Auf der einen Seite ein herzloses, egoistisches Verächtlichmachen von sogenanntem Gutmenschentum; auf der anderen Seite ein öffentlich geheucheltes Betroffenheitspathos. Beiden Reaktionsweise gemeinsam: Den leidenden Menschen hilft’s nicht weiter.

Auf christliche Weise lasse ich mich von Bildern leiten, wenn sie mich mit aufrichtigem Mitleid erfüllen. Und das heißt: Ich trage im Rahmen des mir Möglichen das Leiden mit oder unterstütze durch echte Abhilfe.


Der Blick zurück, der Blick nach vorne, und der Blick nach innen.
Franziskaner kommentieren, was wichtig ist.
Immer freitags auf franziskaner.de.


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