14.10.2022 Bruder Johannes Roth

Aggiornamento

<> Der Kommentar der Woche

Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Johannes Roth

Am 11. Oktober konnten wir den 60. Jahrestag des Beginns des Zweiten Vatikanischen Konzils feiern. Ein stattliches Alter und doch sorgt es immer noch für die Erneuerung der Kirche.

Papst Johannes XXIII. hat mit seiner Ankündigung, ein neues Konzil einzuberufen, nicht wenige Menschen überrascht. Er wollte ein „Aggiornamento“ (ital. für „Verheutigung“) und damit die Fenster der Kirche weit aufstoßen. Niemand sollte Angst haben. Die Kirche sollte die Zeichen der Zeit erkennen und wahrnehmen. Der Papst wünschte sich die Anschlussfähigkeit der Kirche an die Erfordernisse einer gesellschaftlichen Wirklichkeit, die immer komplexer wurde und wird. Dies hat sich nicht verändert, sondern sich eher noch verstärkt. Wenn wir das heute lesen, stellen wir fest, dass das „Aggiornamento“ eine bleibende Aufgabe für die Kirche ist, mit der sie wahrscheinlich nie fertig wird, weil menschliches Leben immer Veränderung heißt und bedeutet. Damit setzt sich auch der Synodale Weg in Deutschland und auch die von Papst Franziskus ausgerufene Weltsynode auseinander.

Damit kann sicher keine Angleichung an den Zeitgeist gemeint sein, aber jede Zeit hat die Aufgabe, zu überlegen, welche Bedeutung die Botschaft Jesu für die jeweilige Zeit hat. Grundlage und Fundament dafür ist das Wort Gottes und das Handeln Jesu, aber auch die Tradition und der Glaubenssinn. Die beiden Letztgenannten haben sich seit der Zeit Jesu auch immer wieder verändert und gewandelt und beide sind menschengemacht.

Ich denke, das Zweite Vatikanische Konzil war ein Meilenstein, an dem sich die Kirche an seinem 60. Geburtstag noch abarbeitet. Vieles wurde noch nicht umgesetzt oder nur teilweise. Daran sollten wir weiterarbeiten und nicht schon drittes Vatikanisches Konzil fordern. Lasst uns also weiter vorangehen, im Sinne und im Geiste Jesu, gemeinsam und synodal. Lasst uns die Fenster aufmachen und Luft hineinlassen, anstatt sie vielleicht aus Angst vor den Zeichen der Zeit wieder zu schließen!


Der Blick zurück, der Blick nach vorn, und der Blick nach innen.
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