15.07.2022 Bruder Johannes Roth

Equal Pay

<> Der Kommentar der Woche

Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Johannes Roth

Die Fußball-Europameisterschaft der Frauen ist in vollem Gange und die deutsche Mannschaft hat mit zwei Siegen gegen durchaus hochkarätige Mannschaften einen furiosen Start hingelegt und wird damit ihrer Favoritenrolle gerecht. Schließlich ist sie mit acht Titeln auch der Rekordhalter.

Außerdem feiert der Deutsche Fußballbund in diesem Jahr das 40-jährige Bestehen seiner Frauen-Nationalmannschaft. Diesem Ereignis hat das ZDF eine eigene Doku gewidmet. Lange Zeit haben die Frauenmannschaften im Fußball eher ein Schattendasein geführt. Dies ändert sich langsam aber sicher. So werden sehr viele Spiele live in den öffentlich-rechtlichen Sendern übertragen und auch sonst scheint mir dieses Turnier präsenter als die vorherigen.

Dazu beigetragen haben sicher auch die Diskussionen über den Stellenwert des Frauenfußballs und die Bezahlung der Spielerinnen, die seit einiger Zeit geführt werden. In einigen Ländern wurden die Prämien und Gehälter der Frauen denen der Männer angeglichen. Man bedenke, dass die deutsche Frauen-Nationalmannschaft bei ihrem ersten Europameisterschaftstitel 1989 als Prämie ein Tafelservice und ein Bügelbrett bekommen hat. Aus heutiger Sicht unvorstellbar und noch dazu bedient es natürlich die Rollenverteilung und die dazugehörigen Klischees.

Ich denke, es ist auch in Deutschland an der Zeit, die Prämien und die Bezahlung anzugleichen, zumal die Männer doch deutlich mehr verdienen als die Frauen. Aber „verdienen“ sie es auch? Selbst unser Bundeskanzler Scholz hat sich nun in die Debatte eingemischt und ein Equal Pay gefordert. Es wäre ein Zeichen von Gleichberechtigung und Gerechtigkeit. Ich bin mir bewusst, dass auch die katholische Kirche in Sachen Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit keine Führungsrolle hat, aber trotzdem sollte es ein Anliegen sein, das uns alle angeht und für das wir uns starkmachen sollten.


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6 Kommentare zu “Equal Pay

  1. Die Fußballeuropameisterschaft derzeit bereitet mir viel Freude! Teilweise gibt es überaus torreiche Spiele, dann wieder technisch anspruchsvolle Partien mit engem Ergebnis.
    „Was meinst du mit Europameisterschaft?“ werde ich gefragt. „Die ist doch erst 2024!“
    Als Junge hatte ich ein Mädchen in meiner Fußballmannschaft, eine tolle Spielerin. Wir waren alle traurig, als sie dann in der D Jugend unser Team verlassen hat. Ich weiß gar nicht, ob sie in unserer Stadt dann eine Mädchenmannschaft gefunden hat. Für den gleichen Spaß am Fußballspielen musste sie ungleich mehr Anstrengungen unternehmen.
    Viele haben das seither gemacht und Fußball ist heute in Deutschland unter Frauen und Mädchen eine der beliebtesten Sportarten und es gibt mittlerweile viele Mädchen- und Frauenteams.
    Das Thema „Equal pay“ ist fascettenreich: 2.600 € verdienen Frauen in der Bundesliga im Schnitt – Männer in der 3. Liga 6.600€. „Es geht dabei um Angebot und Nachfrage!“ sagt mir ein guter Freund. „Verfolgst du die Frauenbundesliga?“
    Die verfolge ich tatsächlich nicht und weiß noch nicht einmal, ob mein Lieblingsverein eine erfolgreiche Frauenmannschaft hat. Aber wollen wir uns denn nur über Angebot und Nachfrage definieren? Ist das nicht nur ein Aspekt von Gerechtigkeit?
    Frauen im Fußball haben noch ganz andere Sorgen – auf Schritt und Tritt werden sie belächelt und sind Sexismus ausgeliefert. Beim Foto mit einem Fan greift der seiner Lieblingsspielerin an den Po.
    Mir macht die Freude an dieser Europameisterschaft bewusster, wie selbstverständlich sowohl meine Freunde als auch ich diskriminieren. Gleiche Trainingsbedingungen, keine sexuellen Übergriffe weder in Wort noch Tat, kein Ignorieren oder Belächeln und eine faire Bezahlung – die Themen aus dem Fußball lassen sich für die Gesellschaft und auch unsere Kirche gut übertragen.
    Bleiben wir am Ball auf dem Weg zur Gerechtigkeit!

  2. Dies ist freilich ein Klagen auf hohem Niveau. Ich denke – als Frau da lieber an die Verkäuferin, Friseuse oder Krankenschwester, deren Systemrelevanz während der Corona-Lockdowns so beklatsch wurde, ohne dass dies konkrete Folgen gehabt hätte, als an Sportlerinnen aller Art, die immerhin die Freude an ihrem „Hobby“ als Lohn haben. Von Profis halte ich ohnehin nichts, auch wenn der Bundeskanzler meint, hier seine Garbe zum Altar bringen zu müssen. „Respekt“ haben eher andere verdient…

    1. Liebe Frau Beckmann, vielen Dank für Ihren Kommentar zu meinem Beitrag und Ihren wie ich finde wichtigen Hinweis auf die systemrelevanten Berufe, die während den Lockdowns beklatscht wurden, für die aber nichts „Zählbares“ dabei herumgekommen ist. Das ist auch ein wichtiges Thema, auf das aufmerksam gemacht werden muss, aber nicht das Thema meines Beitrags. Ich finde schon, dass Menschen für den gleichen Beruf gleich bezahlt werden sollten, und dies sollte nicht vom Geschlecht abhängig sein. Darum ging es mir. Und die Fußballerinnen sind dafür meines Erachtens ein gutes Beispiel. Eine Angleichung könnte ja auch bedeuten, dass die Männer weniger Prämien und Gehalt bekommen. Für die Spielerinnen ist es schon ihr Beruf und nicht einfach nur ein Hobby. Es ist doch gut, wenn Menschen auch Freude an ihrem Beruf haben und manchmal vielleicht auch ihr Hobby zum Beruf machen können. Dass Sie von „Profis“ nichts halten ist Ihre Sache, aber diese Menschen haben wie alle anderen auch Respekt verdient.
      Mit freundlichen Grüßen, Br. Johannes

      1. Lieber Br. Johannes, „Danke“ für Ihre Antwort. Da ich Ihr Anliegen dadurch besser verstanden habe, fällt mir eine Zustimmung zu Ihrem Beitrag leicht. Herzliche Grüße an Sie.

      2. Lieber Br. Johannes,
        wer soll das dann bezahlen?
        Und: „stimmt“ dieses ganze System des Männer-Profisports überhaupt? Die Transfersummen, die Gehälter, die Randale der Fans unter der Rassismus und Hass der Anhänger usw. usw. Herzlich Annette

        1. Liebe Frau Fiebelkorn,
          ja, das ist eine berechtigte Frage, wer das bezahlten soll, aber das rechtfertigt keine Ungerechtigkeit oder Ungleichheit, sondern stellt vielmehr das gesamte System infrage.

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