06.10.2023 Bruder Stefan Federbusch

Der Weg in die Sackgasse? Der Weg aus der Sackgasse?

<> Der Kommentar der Woche

Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder Stefan Federbusch

Gemeinsam unterwegs sein. Kirche ist synodal. In ihrer Form, in ihrem Stil, in ihrer Sendung. Endlich wird dies auch weltkirchlich eingeübt. „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Beteiligung, Mission“. Unter diesem Motto tagen 365 Bischöfe und erstmals stimmberechtigte Laien – davon 54 Frauen – vom 4. bis 29. Oktober in Rom. Begegnen, zuhören und unterscheiden. Es geht um einen Kulturwandel, es geht zunächst um das „wie“, nicht um das „was“.

Dennoch: hat der gemeinsame Weg auch ein Ziel? Auf den Heiligen Geist zu vertrauen, mag bedeuten, offen zu sein für die Überraschungen Gottes und nicht zu wissen, was am Ende rauskommt. Die Weltsynode ist von der Methodik völlig anders als der Synodale Weg in Deutschland. Doch wenn das Ergebnis lautet: „Schön, dass wir drüber geredet haben“ ist das eindeutig zu wenig. Wir Deutschen mögen da besonders ungeduldig sein. Angesichts des Reformstaus innerhalb unserer Kirche braucht es mutige Schritte – und zwar zügig! 522.821 Kirchenaustritte im vergangenen Jahr sprechen für sich. Hinhaltetaktik hilft da nicht weiter. Die aus den verschiedenen Bischofskonferenzen eingereichten Rückmeldungen zeigen, dass eine ganze Reihe von Themen keineswegs nur die deutsche Kirche, sondern zahlreiche Ortskirchen bewegen.

Man komme nicht zusammen, um einen Reformplan voranzubringen, so Papst Franziskus. Vollbremsung schon vor Fahrtbeginn. Reden, aber nichts regeln. Erörtern, aber nicht entscheiden. Enttäuschungen vorprogrammiert. Bezeichnend, dass in Deutschland nur noch jeder fünfte glaubt, dass Papst Franziskus die katholische Kirche modernisieren kann, während es vor neun Jahren noch jeder Zweite war. Für den Augsburger Bischof Bertram Meier ist die Synode wie ein Chemielabor: Entweder, das Experiment gelinge, oder es gebe eine Explosion. Der große Knall ist wohl nicht zu erwarten, aber mehr als ein laues Lüftchen darf es schon sein. Und ein Kernproblem bleibt: Es dürfen zwar alle mitreden, aber am Ende entscheidet wieder einer allein. Was das bedeutet, hat die Amazonas-Synode gezeigt. Synodalität sei kein Selbstzweck, so der Papst: „Lasst euch vom Dialog erschüttern … und am Ende sind wir nicht mehr dieselben wie vorher, wir haben uns verändert.“ Sein Wort in Gottes Gehörgang. Synodal aus der Sackgasse. Die Hoffnung stirbt zuletzt.


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3 Kommentare zu “Der Weg in die Sackgasse? Der Weg aus der Sackgasse?

  1. Lieber Bruder Stefan

    Ich bekenne: Ich gehöre zu den ganz grossen Skeptikern, was die Synode angeht. Und ja, auch ich habe meine Hoffnungen auf Papst Franziskus und weitgehende Reformen in der Kirche beerdigt. Das päpstliche Schiff schlingert dahin als wäre sein Steuerruder defekt. Gerade noch ruft er in Portugal die Kirche sei offen für „tutti, tutti, tutti“. Ein paar Tage später beschränkt er wieder eine der Menschengruppen, die so sehr darauf hoffen, endlich eine volle Anerkennung ihrer Lebensweise durch die Kirche zu erhalten. Genau das kreide ich dem Papst an, bin aber kein rückwärtsgewandter Kritiker wie der deutsche Kardinal Müller und seine vestaubten Kollegen. Wenn es nach diesen Ewiggestrigen ginge, dürfte niemand an der Synode teilnehmen, der nicht wenigstens ein Bischof ist – noch weniger Frauen und Laien.
    Diese Synode soll also keine Veränderungen bringen, sondern lediglich den Weg bereiten, wie man zu Reformen kommt. Und dann? Wann soll es denn dann an die Reformen gehen? Die Deutschen sind ungeduldig? Nein, sie sind effizient und gründlich. Das liegt uns im Blut. Warum zaudern und zögern? Die Kirche braucht JETZT Erneuerung, nicht erst in 10, 50 oder 100 Jahren. Denn bereits in 10 Jahren – das wage ich zu behaupten – werden unsere Kirchen leer sein. Dann muss nicht mehr diskutiert werden, ob es geweihte Priester braucht, Laien einem Gottesdienst vorstehen oder Frauen geweiht werden dürfen. Ich habe aufgehört zu erwarten und zu warten (schon gar nicht auf ein „non placet“ aus Rom). Ich habe begonnen, in regelmässigen Abständen Wort-Gottes-Feiern in einer private Kapelle anzubieten. Private Kapelle deshalb, weil damit kein Verbot durch die offizielle Kirche ausgesprochen werden kann. Ich möchte die Menschen begeistern für ein christliches Leben und eine Sicht auf diese Welt, inspiriert von Franz von Assisi. Denn wir brauchen eine Geschwisterlichkeit, die ALLE Menschen trägt. Und wir müssen unseren Auftrag endlich wahrnehmen und für die Schöpfung Gottes Sorge tragen. Dafür brauche ich keine Synode, keinen wankelmütigen Papst, keine machtversessenen Kardinäle, keine zaudernden Bischöfe.
    Als Franz von Assisi zum Papst kam, sagte ihm dieser: Francesco, baue meine Kirche wieder auf. Auch wir sind aufgerufen, diese Kirche wieder aufzubauen. Denn die Erneuerung kommt aus uns heraus, nicht aus einer Synode oder einem Konzil. Wir tragen den Keim zu einer „neuen“ Kirche in uns. Wir müssen diesen Keim nur spriessen lassen, ihm zum Leben verhelfen.

    1. Lieber Herr Kastenholz,
      was Sie da geschrieben haben, ist seit langem auch meine Meinung. Von der offiziellen, hierarchisch verfassten oder wie immer zu nennenden Kirche erwarte ich überhaüpt nichts mehr. Vor dreizehn (!) Jahren ging P. Mertes mit den Missbrauchsfällen an die Öffentlichkeit. Und wo stehen wir heute? Ähnlich steht es um die Frauenfrage. Ich persönlich möchte weder Priesterin noch Diakonin werden – die eigentliche Frage ist doch, ob sich ein Priestertum welcher Art auch immer biblisch-theologisch begründen lässt. Mich ärgert allerdings, wie wenig Respekt Frauen in der (Amts-)katholischen Kirche entgegengebracht wird. Ich selbst bin z. B Diplomtheologin und Religionslehrerin an einem Gymnasium, als auch nicht ganz dumm, aber das hat die Amtsträger, mit denen ich auf Gemeindeebene ins Gespräch kam, noch nie interessiert. Um wahrgenommen zu werden, muss man schon das Gespräch mit kritischen Ordensleuten suchen. Deshalb besuche ich u. a .auch diese Seiten. Ich grüße Sie und die Patres, die auf diesen Seiten schreiben, herzlich!

      1. Liebe Frau Schaffrath
        Die Frage ist in der Tat: Kann das Priestertum biblisch begründet werden? Ich möchte diese Fragestellung noch nicht einmal auf eine theologische Ebene ausweiten, denn wenn man nur lange genug Begründungen für ein „Pro“ sucht, findet man auch eine. Vielleicht bin ich da nicht gebildet genug, ein „idiota“, wie sich Franz von Assisi selbst nannte. Aber ich sehe keinen Beleg in den Evangelien, die ein Weihepriestertum als Funktion festlegen. Selbstverständlich kann man sich selbst Gott und seiner Aufgabe in einer Gemeinde weihen. Selbstverständlich finde ich die Handauflegung bei der Übernahme bestimmter Aufgaben eine symbolträchtige Handlung. Aber ist diese manifestierend für eine Hierarchie? Denn dieses Denken und Empfinden herrscht nach wie vor in dieser unserer Kirche. Und mit dem Wiederaufblühen des Konservatismus (siehe junge Priester, die sich wieder in Soutanen kleiden und die Tridentinische Messe feiern wollen) befürchte ich eine Rückkehr in eine mittelalterliche Kirche, die stark vom Standesdenken geprägt war. Überhaupt die gesamte Hierarchie in der Kirche ist mehr als fragwürdig. Wenn Jesus alle Menschen als Schwestern und Brüder betrachtet, wie begründet sich dann die Hierarchie in der Amtskirche? Ich sehe durchaus die Notwendigkeit, dass jemand einer Gemeinde vorstehen muss. Und am besten wäre es, wenn die Führung / Verwaltung kollegial erfolgt – durch Männer und Frauen. Und derjenige, der einem Gottesdienst vorsteht, übt diese Funktion als einer a u s der Gemeinde, aber nicht als einer ü b e r der Gemeinde.
        Und letztlich sehe ich auch keinen Grund, Frauen von sogenannten Weiheämtern auszuschliessen. Nur weil es im Judentum keine Priesterinnen gab? Oder in den christlichen Urgemeinden? Dass es keine Frauen in dieser Position gab, ist wohl eher der Zeit geschuldet. Hätte Jesus sich offen hierfür ausgesprochen, wäre sein Tod wohl viel eher gekommen. Also: Nur weil in den Evangelien keine Frau als Priesterin im jüdischen Tempel oder in der Jersualemer Gemeinde der Christen erwähnt wird, heisst das nicht, dass eine solche Funktion für Frauen bis in alle Ewigkeit ausgeschlossen ist.

        Und ja, Frau Schaffrath, es mangelt der Kirche an Respekt gegenüber den Frauen. Und dass Sie dies erfahren müssen, tut mir sehr leid.
        Frauen dürfen gern freiwillig bei Pfarrfesten mitarbeiten. Sie dürfen die Ministrantengewänder und Kelchwäsche waschen. Sie dürfen die Kirche putzen und den Blumenschmuck richten. Aber da endet im Normalfall die Mitarbeit der Frau in der Kirche auch schon. Zwar hat Papst Franziskus inzwischen Frauen in die Verwaltung des Vatikans berufen, aber das sind in meinen Augen eher perifere Tätigkeiten, die nichts mit der eigentlichen Aufgabe der Kirche zu tun haben. Dies muss sich ändern, schnell ändern. Das „Basta“ von Johannes Paul II. bei dieser Frage kann nicht mehr hingenommen werden. Genauso wenig wie das Nein von Papst Franziskus bei der Bitte um Zulassung von „Probati“ zu Priestern in Gegenden wie dem Amazonas oder für australische Indigene.

        Sie und ich und all die Schwestern und Brüder, die sich für eine „neue“ Kirche einsetzen, wir dürfen uns nicht von „denen da oben“ enttäuschen lassen und dürfen nicht aufgeben, zu einer Erneuerung beizutragen. Und wenn es auch nur in einem kleinen Rahmen geschieht, aber mit Gottvertrauen schaffen wir es, dass sich etwas verändert.

        Seien Sie ganz herzlich gegrüsst!

        Pace e bene

        Br. Ralf

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