Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.
Zelebrieren mit Lethargie-Effekt!
Festlicher Gottesdienst und eine neu errichtete Pfarrei aus drei ehemaligen Gemeinden. Die Orgel beginnt. Während Messdiener, Priester und Diakone mit ernstem Gesicht andächtig in Slow Motion den Gang hindurchschreiten, scheint der Bischof es lockerer zu sehen. Er begrüßt Leute am Rand, scherzt mit einer Frau und segnet nebenbei, was das Zeug hält. Ich frage mich, warum es dann noch einen Segen am Ende des Gottesdienstes geben muss.
Nach der ausgiebigen Begrüßung des Pfarrers soll der Bischof den Gottesdienst beginnen. Doch dieser redet erst mal geschlagene 10 Minuten. Während mir bereits die Beine schwer werden, habe ich das Gefühl, dass dem Bischof soziale Kontakte fehlen. Der Gottesdienst scheint DIE Gelegenheit zu sein, endlich mal wieder reden zu können. Und das wird er mit ganzen 4 „Predigten“ ausnutzen. Ich erfahre, dass das neue Patronat „Hl. Geist“ nur von der Hl. Dreieinigkeit getoppt werden kann (7 Minuten) und weshalb er das große Glaubensbekenntnis nicht auswendig kann (5 Minuten).
Was ich nicht erfahre ist: warum drei Gemeinden zusammengelegt werden müssen, der Pfarrer zukünftig nicht mehr für alle verfügbar sein wird und die neue Gemeinde sich hinsichtlich Personal und Finanzen auf schwere Zeiten einstellen muss. Ich hätte dem Bischof gern 5 Minuten gegeben, damit er erklärt, wie die Gemeinde auf dem Synodalen Weg mitgehen und mitgestalten kann. Und was ich auch gern gehört hätte ist, dass die Zusammenlegung der Gemeinden eigentlich kein Grund zum Feiern ist.
Nach 2 Stunden „habe ich fertig“. Auch bei den anderen 200 der ca. 20.000 Gemeindemitgliedern bewegt sich nix mehr. Mein Eindruck: Wir wurden in die Lethargie zelebriert.
Ungeachtet der feierlichen Auszugsmusik strömen die Gläubigen in Eiltempo nach draußen, vermutlich wegen der Käsesuppe. Nur eine kleine Gruppe klatscht den Musikern zu – eine kleine Gruppe – schade.
Im Rückblick denke ich an die Werbung „We love to entertain you“. Sollte man Profis engagieren, um derartige Feiern einladender und inhaltsreicher zu gestalten? Ich jedenfalls brauche keine 4 „Predigten“, keine aufgesetzte Frömmigkeit, keine Selbstdarstellung einzelner Akteure und schon gar nicht 2 Stunden Holzunterlage. Und irgendwie fühle ich mich mit den restlichen 19800 Gläubigen dieser Gemeinde verbunden.
Der Blick zurück, der Blick nach vorne, und der Blick nach innen.
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Lieber Thomas, vielen Dank für deinen Artikel, der mich zum Schmunzeln brachte und mich an eine Begebenheit in Mannheim erinnert: Vor vielen Jahren hatte der damalige Erzbischof von Freiburg beim Dekanatskatholikentag in Mannheim zwar nicht viele Predigten, dafür aber eine elendslange gehalten. Aufgrund der Hitze sind viele Menschen währenddessen in Ohnmacht gefallen und P. Pankraz, der damalige Pfarrer in Mannheim, hätte am liebsten den Erzbischof vom Ambo entfernt. Beim Nachmittagskaffee sagte dann eine alte Mannheimerin zum Erzbischof: Herr Erzbischof, das wäre ein so schöner Tag gewesen, wenn Sie nicht alles mit Ihrer Predigt versaut hätten.
Leider sind es nicht nur Gottesdienste mit Bischöfe, die mich oftmals „mit den restlichen 19’800 Gläubigen“ verbinden.