Die Berufung von Franziskus war es, das Evangelium (griech. = gute Nachricht) zu leben. Bedingt durch die Vielfalt des Evangeliums ist es immer nur möglich, bestimmte Aspekte hervorzuheben und in eine bestimmte Lebensweise umzusetzen. Die Spiritualität (spiritus: latein. = Geist) eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen ist daher geprägt von dem Blickwinkel, von dem er bzw. sie auf das Evangelium schaut und von den Erfahrungen, die sein bzw. ihr Leben geprägt haben.
Da auch das Leben und Wirken von Franziskus äußerst vielfältig und vielschichtig ist, beschränkt sich die Darstellung auf einige wesentliche Grundzüge seiner Spiritualität sowie kurzer Hinweise auf Bestandteile einer franziskanischen Spiritualität heute.
In 27 Elementen reflektiert Bruder Stefan Federbusch die franziskanische Spiritualität und ihre konkrete Umsetzung. Gott ist es, der im Menschen wirkt. Das 20. Element franziskanischer Spiritualität betrachtet die Haltung des Gehorsams. Gehorsam ist bei Franziskus nicht in erster Linie eine von „oben nach unten“ Bewegung sondern eine Gemeinsame Verantwortung im Dienst an der Gemeinschaft und dem einzelnen Bruder.
27 Elemente franziskanischer Spiritualität
20. Auf Gott und die Gemeinschaft hören (Gehorsam)
Aus dem Gesagten ergibt sich das Gehorsamsverständnis von Franziskus. Da die Brüder (zu zweit oder in kleinen Gruppen) durch die Welt zogen und zumindest in der Anfangszeit nicht in festen Niederlassungen wohnten, beruhte die Ordensstruktur auf der Gehorsamsbeziehung. Sie war symmetrisch, d.h. nicht im Sinne Oberer – Untergebener, sondern alle trugen gemeinsam die Verantwortung für ihr evangelisches Lebensprojekt.
Der „Guardian“ (= Hüter) oder „Custos“ (= Wächter) war im Sinne des Guten Hirten um das Wohl der einzelnen Brüder besorgt und darum, im Geist der Regel das Evangelium zu leben. Die Gemeinschaft kann ihren „Minister“ zurechtweisen, zur Rechenschaft ziehen oder ganz absetzen, wenn er seine Aufgabe nicht erfüllt.
Entscheidend für den Gehorsam ist das Hören auf den Willen Gottes. Er hat stets Priorität vor den Anordnungen der Leitungsverantwortlichen. „Wenn aber der Obere [dem Bruder] etwas gegen seine Seele befehlen würde, so darf er ihm zwar nicht gehorchen, soll ihn aber nicht verlassen“, sagt Franziskus in seinen Ermahnungen (Erm 3).
Gehorsam heute
- Hören auf den Willen Gottes und den Anspruch aus den Zeichen der Zeit
- Polarität zwischen den Interessen der Gemeinschaft und des Einzelnen
- Verfügbarkeit für neue Aufgaben