22.03.2024 Bruder René Walke

Eine Chance für Bosnien und Herzegowina

| Jetzt | Der Kommentar der Woche

Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.


Bruder René Walke

Vor gut einer Woche haben wir das sogenannte Zwischenseminar für unsere Freiwilligen der FEE – Franziskanisch Europäische Erfahrung – in Bosnien und Herzegowina durchgeführt. Freiwillige aus Griechenland, Bosnien, Rumänien und Spanientrafen sich mit uns in Visoko, 30 km südlich von Sarajewo.

Einige Freunde hatten die Freiwilligen im Vorfeld gefragt: „Ist das denn ein sicheres Land, herrscht dort nicht Krieg?“ Einerseits zeigt es, dass wenig Wissen über diese Region da ist, denn der Krieg ist fast 30 Jahre her. Auf der anderen Seite ist ein einvernehmliches Miteinander der drei konstitutiven Völker Bosniaken, Serben und Kroaten gerade in der Politik des Landes immer noch weit entfernt.

Bei unserem letzten Besuch in Bosnien vor zwei Jahren wurde vom Franziskanisch Klassischen Gymnasium in Visoko ein Literaturwettbewerb durchgeführt mit dem Thema: Der Mensch ist des Menschen Bruder. Den ersten Preis bekam ein serbischer Schüler, der über seinen Erfolg sehr verwundert war. „Ich hätte nie gedacht, dass ich von einer katholischen Schule einen Preis bekommen würde.“ Bei der Verleihung des zweiten Preises waren wir in einer muslimischen Schule. In beeindruckendem Englisch hielt die Schülerin der zehnten Klasse einen kurzen Vortrag zum geschwisterlichen Umgang der Menschen unterschiedlicher Kultur und Religion. Im Gymnasium der Franziskaner lernen muslimische und christliche Schüler miteinander und es klang für mich sehr harmonisch, wenn zur Mittagszeit die Kirchenglocken gleichzeitig mit dem Muezzin zum Gebet aufriefen. Ein Ereignis, das auch auf den friedlichen Dialog zwischen Franziskus und dem Sultan al-Kamil 1219 zurückgeht.

Es erscheint mir eine wertvolle Chance zu sein, dieses besondere europäische Land nun in den Fokus der Beitrittsverhandlungen zu rücken und dadurch dem friedlichen Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Religionen Unterstützung zukommen zu lassen. Mögen die Worte von EU Ratspräsident Michel wahr werden: „Das Land hat seinen Platz in der europäischen Familie.“ Der Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Brücke in Mostar ist ein gutes Bild für den notwendigen Brückenschlag zwischen unseren vielfältigen europäischen Ländern.


Der Blick zurück, der Blick nach vorn, und der Blick nach innen.
Franziskaner kommentieren, was wichtig ist.
Immer freitags auf franziskaner.de


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert