Oft ist das, was uns beschäftigt, uns sorgt und uns Angst macht, auch die Quelle für das, was jetzt dran ist. Mit dem Blick auf die Welt aus ihrer Perspektive kommentieren die Franziskaner jeden Freitag, was sie wahrnehmen.
Im November habe ich zwei Wochen lang in verschiedenen afrikanischen Ländern Projekte besucht, die von der Franziskaner Mission unterstützt werden, unter anderem in Ruanda.
Dort begegneten mir in einer Gedenkstätte für die Opfer des Völkermordes an den Tutsi 1994 die Worte „Never again – Nie wieder“. Ich erfuhr, dass es sehr viele solcher Gedenkstätten im Land gibt, die die mahnende Erinnerung an die traumatische Zeit 1994 wach halten, als innerhalb von drei Monaten mehr als 800.000 Menschen bestialisch umgebracht wurden.
Mit diesen Gedanken höre ich die Nachrichten in Deutschland, vor allem die Nachrichten aus Israel und dem Gaza-Streifen.
- „Never again“ – Nie wieder soll Platz sein für Antisemitismus und Judenfeindlichkeit.
- „Never again“ – Ich empfinde es als unerträglich, die grausamen Nachrichten von den Terrorakten der Hamas zu hören und es gibt nichts, was diesen Terror verharmlosen oder rechtfertigen ließe.
- „Never again“ – Ich sehe das große Leid der Palästinenser im Gaza-Streifen, die zusammengepfercht hin- und her geschubst werden, die unter einer humanitären Katastrophe leiden und nirgends sicher sind.
Und ich frage mich, wie ein halbwegs friedliches Zusammenleben in dieser Region je wieder möglich sein soll. Wie soll Vertrauen wachsen, wenn immer mehr Menschen radikalisiert werden? Wie soll eine friedliche Koexistenz von jüdischen Israelis und Palästinensern aussehen?
War es lange Zeit eine „Zwei-Staaten-Lösung“, die eine Perspektive zu sein schien – neben einem Staat Israel ein unabhängiger Staat Palästina – so scheint diese Perspektive gestorben zu sein. Wie sähe denn ein Staat Palästina aus? Angesichts einer aggressiven israelischen Siedlungspolitik der letzten Jahrzehnte wäre er ein völlig zerstückelter Flickenteppich. (Was mir wichtig ist: Eine solche Kritik an der Politik des Staates Israel ist absolut kein Antisemitismus)
Ich wünsche den Menschen in Ruanda den Mut zu einem wachen Gedenken des Völkermordes und einem immer mehr versöhnten Miteinander.
Und ich bewundere, was es in Deutschland und Europa nach dem Zweiten Weltkrieg an Versöhnungsarbeit zwischen ehemaligen Feinden gegeben hat.
Der Blick zurück, der Blick nach vorn, und der Blick nach innen.
Franziskaner kommentieren, was wichtig ist.
Immer freitags auf franziskaner.de