31.03.2021 Provinzialminister Cornelius Bohl

„Schön, dass du da bist!

Osterimpuls von Provinzialminister Cornelius Bohl

Der Auferstandene: Jesus heißt uns willkommen. Kreuz aus der franziskanischen Holzwerkstatt in San Miguel, Bolivien.

Bund und Länder, so hieß es zunächst Mitte März, würden die Religionsgemeinschaften bitten, religiöse Versammlungen an den Ostertagen nur virtuell durchzuführen. Ich habe mir einmal den Spaß gemacht, nachzuschauen, wie der Begriff „virtuell“ definiert wird: „nicht echt, nicht in Wirklichkeit vorhanden, aber echt erscheinend“, war da etwa zu lesen, oder auch „simuliert, angenommen, gedacht, imaginär“ und „nur theoretisch existent“. Sind also gestreamte Gottesdienste nur simuliert? In den letzten Monaten haben wir ja auch ein neues Wort gelernt: „Präsenzgottesdienst“. Eigentlich bin ich bisher davon ausgegangen, dass jeder Gottesdienst ein Präsenzgeschehen ist, bei dem ich wirklich da bin und Gott auch, egal, ob ich dabei mit anderen physisch in einer Kirche zusammen bin oder allein vor meinem PC.

Provinzialminister P. Dr. Cornelius Bohl ofm

Die vielfältigen Corona-Erfahrungen seit einem Jahr haben mir neu bewusst gemacht, wie zentral „Präsenz“ für mein Leben ist, Gegenwärtigkeit, Dasein. Das wäre eine interessante Lesebrille für die Feier der drei Österlichen Tage. Es beginnt am Gründonnerstag. So erklären wir Kindern die Eucharistie, und auch als Erwachsene kommen wir wohl nicht viel weiter: In diesem Stück Brot ist Jesus da. „Realpräsenz“ nennen das die Theologen. Dabei zeigen die Abschiedsreden Jesu und die Fußwaschung, dass es nicht nur um eine sakramental-liturgische Wirklichkeit geht: Ob wir in Jesus bleiben und er in uns, entscheidet sich gerade im Alltag. Wir haben Anteil an Jesus, wo wir an ihm Beispiel nehmen, einander „die Füße waschen“ und miteinander Brot und Leben teilen. Die Todesangst Jesu am Ölberg, seine Folterung und sein Tod geben mir die Hoffnung, dass Jesus noch in tiefster menschlicher Not da sein kann. Wenn der Sohn Gottes sich am Kreuz von Gott verlassen fühlt, dann muss in dieser Gottverlassenheit Gott irgendwie da sein. Schließlich gilt es, den Karsamstag auszuhalten: Gott ist tot. Aber das heißt doch auch: Gott ist im Tod da. Er steigt in die „Unterwelt“, in die „Hölle“, macht sich präsent am Ort der Gottlosigkeit. Und dann Ostern. Ostern meint ja mehr als nur: Die Sache Jesu geht weiter. Nein, die Freunde Jesu erfahren: Jesus ist da! Jetzt. Hier. Wirklich gegenwärtig. Er lebt.

Tatsächlich, das ist der Name, das Wesen Gottes: Ich bin da! Vielleicht kann man den Glauben auf diese einfache Formel bringen: Ich bin da. Gott sagt das: Mensch, ich bin da, bei Dir und für Dich. Und der Mensch sagt das: Gott, ich bin da vor dir! Und ich will da sein bei anderen und für andere. „Ich bin doch da!“, sagt die Mutter zum Kind. „Ich bin da, wenn du mich brauchst!“, der gute Freund. Wo Menschen füreinander da sind, kann etwas von der Gegenwart Jesu erfahren werden. „Sie war halt immer da!“ Diesen Satz habe ich oft in Trauergesprächen gehört. Es macht den Schmerz der Trauer aus, dass sie jetzt eben nicht mehr da ist. Wie traurig auch, wenn man von jemandem den Eindruck hat: „Der ist ja nie da!“

Präsenz ist kostbar im Zusammenleben: In Beziehungen wirklich da sein, nicht abtauchen, sondern sich aktiv einbringen. Aber auch ganz präsent und aufmerksam da sein bei einem Gespräch, in einer Begegnung, nicht mit Kopf und Herz schon ganz woanders. Präsenz heißt dann auch: Wirklich heute da sein! In der Gegenwart leben, unsere Welt wahrnehmen, sich interessieren, sich den aktuellen Herausforderungen stellen, ohne sich in die Vergangenheit zu flüchten oder in die Zukunft zu träumen.

Resurrexi, et adhuc tecum sum, so der alte Introitus-Vers der Messe am Ostersonntag: Ich bin auferstanden und ich bin bei Dir! „Schön, dass du da bist!“: Das sage ich zum Auferstandenen. Das sagt er mir. Das sage ich zu Menschen, auf die ich mich verlassen kann. Hoffentlich sagt das auch jemand zu mir. So geht Ostern.


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