22.04.2021 Bruder Thomas Abrell

Laudato Si‘ – Nachgedacht

Die Umweltenzyklika unter der Lupe

Plastiktüten lösen sich langsam in kleine Partikel auf und vermüllen und verschmutzen die Gewässer.
Bild von Archiv Deutsche Franziskanerprovinz.

„Die Politik und die Wirtschaft neigen dazu, sich in Sachen Armut und Umweltzerstörung gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Was man jedoch erwartet, ist, dass sie ihre eigenen Fehler erkennen und Formen des Zusammenwirkens finden, die auf das Gemeinwohl ausgerichtet sind. Während die einen nur verzweifelt nach wirtschaftlicher Rendite streben und die anderen nur versessen darauf sind, die Macht zu bewahren oder zu steigern, haben wir als Ergebnis Kriege oder unlautere Vereinbarungen, bei denen es beiden Teilen am wenigsten darum geht, die Umwelt zu schützen und für die Schwächsten zu sorgen.“ (Enzyklika von Papst Franziskus: Laudato si‘, 198)

Was Papst Franziskus hier schreibt, kommt mir bekannt vor. Ich muss mir nur die verschiedenen Meldungen über die Verbreitungswege der Corona-Infektionen ansehen. Da betonen die einen die Rolle der Schulen als Infektionstreiber, andere die Situation am Arbeitsplatz oder den ÖPNV und so weiter. Meine eigene Unvorsichtigkeit beziehungsweise die Ausnahme, die ich mir von den Verordnungen gönne, spielt natürlich keine Rolle. Es bleibt schwierig, das eigene Verhalten infrage zu stellen, wenn das bedeutet, auf Freiheiten und Gewohnheiten zu verzichten. Ähnlich verhält es sich beim Umgang mit unserer Schöpfung. Ich werfe mal einen Blick in den gelben Sack. Wie viele Verpackungen finde ich darin, nur weil es beispielsweise bequemer ist, Käse oder Wurst nicht selbst in Scheiben zu schneiden. Habe ich schon mal überprüft, wo der nächste Unverpacktladen ist? Oder: Was war nötig, um uns dazu zu bringen, auf die beliebte Plastikeinkaufstüte zu verzichten? Der alte Aufruf „Jute statt Plastik“ zeigte kaum Wirkung. Erst als Plastiktüten etwas kosteten, kamen wir auf die Idee, dass es Alternativen gibt. Muss es erst ein Gesetz geben, um uns zur Veränderung unseres Verhaltens zu bewegen? Ehrlich gesagt, ich weiß viel über die Zusammenhänge zwischen meinem Tun und den Folgen für unsere Schöpfung. Doch ertappe ich mich immer wieder dabei, dass der Weg vom Wissen zum selbstverständlichen Tun ziemlich lang sein kann. Denn auf die kleine Ausnahme, die ich mir erlaube, wird es schon nicht ankommen.

Erstveröffentlichung Zeitschrift Franziskaner Frühjahr 2021


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