05.10.2019 Pressemeldung

Franziskaner beschließen Abschied von St. Ludwig / Berlin

Pfarrei wird größerem Pfarrverbund angehören.

Im Berliner Stadtteil Wilmersdorf, liegt inmitten einer „grünen Insel“ die Kirche St. Ludwig. Die Pfarrei wurde seit 1986 von den Franziskaner betreut. Bild Archiv Deutsche Franziskanerprovinz

Die Provinzleitung der Deutschen Franziskanerprovinz hat beschlossen, sich von der Pfarrei St. Ludwig in Berlin–Wilmersdorf zu verabschieden und ihre dortige Niederlassung zu schließen. 1986 hatten die Franziskaner dort mit der Arbeit begonnen.

Um diese Entscheidung, so der Provinzialminister P. Cornelius Bohl ofm in einem Brief an die Gemeindemitglieder und Kirchenbesucher von St. Ludwig, sei lange gerungen worden. St. Ludwig sei für die Brüder ein sehr guter Ort, die Pfarrarbeit mitten im Herzen Berlins biete viele Chancen und die Präsenz in der Hauptstadt an einem so profilierten Ort werde von vielen Brüdern als sehr wichtig angesehen. Allerdings habe das Provinzkapitel im Sommer 2019 mit aller Schärfe deutlich gemacht, dass aufgrund der Personalsituation die Strukturen der Provinz radikal verkleinert werden müssten. Die hohe Zahl älterer und alter Brüder und der in den letzten Jahren nicht nur spärliche, sondern völlig fehlende Nachwuchs zwinge zu drastischen Reduzierungen der Standorte und Aufgaben. „Wenn wir heute keine mutigen Entscheidungen treffen, werden wir in ein paar Jahren die wenigen jungen Brüder völlig überfordern.“

Im Rahmen des pastoralen Prozesses „Wo Glauben Raum gewinnt“ im Erzbistum Berlin ist entschieden, dass St. Ludwig, jetzt schon verbunden mit Albertus Magnus, mit der Pfarrei „Maria unter dem Kreuz“ zusammengelegt wird. Diese künftige Großpfarrei wird an die 30.000 Gläubigen zählen. Nach Ansicht der Provinzleitung ist dies ein angemessener Zeitpunkt für den Abschied, damit ein neuer Pfarrer die neue Gemeinde aufbauen kann. Nach den bisherigen Planungen werden die Brüder im Sommer 2020, also in einem knappen Jahr, St. Ludwig verlassen. Der Erzbischof wurde über diese Entscheidung informiert. Bis zu diesem Abschied ist somit noch fast ein Jahr Zeit, so dass alle damit anfallenden Fragen gut und in Ruhe abgesprochen und geplant werden können.


8 Kommentare zu “Franziskaner beschließen Abschied von St. Ludwig / Berlin

  1. Ich verstehe einfach nicht, warum man in Zeiten derart schrumpfenden Interesses an Kirche eine solche gut funktionierende Bindung der Patres an die Gemeinde zerstoert – einfach so.

  2. Vielen Dank für die Rückmeldungen aus Berlin. Bei allem Schmerz über die Nachricht und den Ärger über den Weggang der Franziskaner aus Sankt-Ludwig, höre ich doch auch sehr viel Wohlwollen und (verletzte) Liebe aus den Kommentaren heraus.
    Bitte seien sie versichert, dass wir diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen haben und uns die Menschen in der Gemeinde in Berlin-Wilmersdorf sehr viel bedeuten. Wir sind leider in einer Situation, in der wir Gutes aufgeben müssen, um an anderer Stelle Gutes zu erhalten.

  3. Ich war heute mit meinen Kinder in der Kirche St. Ludwig zur heiligen Messe und kann nicht glauben, dass das was ich dort vernommen habe der Wahrheit entsprechen kann. Vor sieben Jahren zog ich mit meiner Familie aus München nach Berlin. Jeden Sonntag gingen wir in verschiedenen Kirchen zur heiligen Messe, aber nirgends fühlten wir uns zuhause bis wir St. Ludwig fanden, da fühlte ich mich verstanden, erst da bekam ich neu Kraft um die kommende Woche mit Gottes Segen meistern zu können.
    Nicht jeder Priester ist im Stande das Evangelium so zu zelebrieren, das es in den Herzen von den Zuhörern ankommt, unsere
    Franziskaner hier in St. Ludwig sind mit solchen Gaben vom Gott beschenken worden und geben uns jeden Sonntag Kraft und neu gute Gedanken um sich in dieser Welt wohl und behütet zu fühlen.
    In diesem Jahrhundert wo viele Menschen nicht mehr glauben, brauchen wir genau solche Orte wie St. Ludwig. Ich möchte hiermit den zuständigen Herren, der für diese Entscheidung verantwortlich ist, innig bitten es nochmal gründlich zu überdenken.
    Wir sind in die Welt gesandt worden um Gottes Wort unter die Menschen zu bringen. Ich verstehe eure Nöte, bitte versteht auch unsere.

  4. St. Ludwig ist seit vielen Jahren zur geistigen und geistlichen Heimat vieler Menschen geworden, für mich ganz besonders. Zeit meines Lebens bin ich den franziskanischen Ordensgemeinschaften verbunden. Ich war glücklich, dass es die Franziskaner in St. Ludwig gab, als ich von Frankfurt (wo mir die Kapuziner Heimat boten) nach Berlin wechselte. Es macht mich unendlich traurig, dass die gute Arbeit der Franziskaner in St. Ludwig nun beendet werden soll. Klar: Kirche ist immer auf dem Weg, und gerade die franziskanische Spiritualität hat den ständigen Wechsel zum Ordensprinzip erklärt. Aber es darf auch Trauer sein – Trauer darüber, dass es so wenig Nachwuchs im Orden gibt; Trauer darüber, dass ein Stück Heimat verloren geht. Ob eine Großgemeinde von ca. 30.000 Mitgliedern diese „Heimat“ bieten kann? Es wird ein sehr schwerer Weg.

  5. Die Entscheidung und die Art ihrer Verkündung belegt auf erschreckende Weise, mit welcher Instinktlosigkeit, mit wie wenig Interesse an den Menschen vor Ort Provinzialminister P. Cornelius Bohl agiert. Der Auftritt am Sonntag in St. Ludwig war ein Armutszeugnis an Einfühlsamkeit, Verständnis und Offenheit! Tausende Menschen tragen die Franziskaner in St. Ludwig in ihrem Herzen und besuchen jede Woche die Gottesdienste dort. Diesen Ort lebendigen Miteinanders, gelebter Kirche mit kühlem Federstrich herzugeben, ist derart unüberlegt und ohne jedes Gespür für die Verhältnisse vor Ort, dass es schlicht fassungslos macht. Und sich dann in einer Pressemitteilung noch für eine mutige Entscheidung zu loben… Unfassbar! Nicht einmal den Mut zu haben, die Entscheidung mit den Gemeindemitglieder zu besprechen, ins Gespräch zu kommen, gemeinsam nach Alternativen zu suchen, sich einen Eindruck zu verschaffen von den Konsequenzen dieser Entscheidung. Dieses Verhalten ist eine Unverschämtheit!

  6. Die Franziskaner sind zu meiner Heimat in Berlin (seit 2008) geworden wie es noch nie ein Orden geschweige denn eine Pfarrei in meinem Leben zuvor vermocht hat. Ich bin fassungslos wie eine so lebendige Kirchengemeinde, geprägt durch den Geist der Patres und ihre Angebote aufgegeben werden kann. Abgesehen von der erschreckend uneinfühlsamen Art der Ankündigung kann ich nicht nachvollziehen, dass man bei dem allgegenwärtigen Rückgang an Gläubigen, Kirchenbesuchern und -steuerzahlern eine hoch frequentierte Kirche derart beschneidet. Das ist ein falsches Signal in unserer Zeit! Ich hoffe noch auf ein Umdenken.

  7. Die Franziskaner werden von vielen Menschen, so auch von mir, als grosser und wertvoller Schatz inmitten Berlins angesehen. Eine Oase des Glaubens und Quelle erfrischenden Pfarrlebens. Die Hl. Messen sind Sonntags immer sehr gut besucht und viele junge Familien beleben das Kircheninnere. Die unterschiedlichsten Persönlichkeiten der Franziskaner sprechen diverse Menschen an. Wenn Sie St. Ludwig verlassen, könnte es arm um uns werden. Wie füllen wir diese Wüste? Vielleicht müssen wir Laien aktiver werden, um der personellen Berufungsarmut in der Kirche zu begegnen und uns aufmachen, aufbrechen und Kirche werden. Konsum ist vorbei.

    1. Liebe Gabi Meisner
      Sie bedauern den Weggang der Franziskaner aus Berlin – und das verstehe ich vollkommen. Trotz all der negativen Schlagzeilen über die Kirche ist Kirche doch auch ein Stück Heimat. Man richtet sich ein in dieser Atmosphäre der Geborgenheit, man erfreut sich am geschwisterlichen Umgang mit den Brüdern und den anderen Pfarreimitgliedern, man tankt auf in der Gegenwart Gottes und geniesst die Distanz zur hektischen und leider oft auch kalten Welt „da draussen“. Wenn einem dann dieser sichere Hafen genommen werden soll, mag man verständlislos, ja, ängstlich reagieren und befürchten, dass das Schiff „Gemeinde“ ins Schlingern gerät oder gar untergeht. Wie Sie richtig sagen, ist die Zeit des Konsums vorüber. Manche Gemeinden spüren es früher, andere etwas später. Aber sicher ist, dass der Zustand der priesterlosen Gemeinden auf viele, um nicht zu sagen fast alle Pfarreien zukommen wird, wenn der derzeitige Trend der fehlenden Berufungen von Priestern und Ordensleuten anhält. Sie haben die Antwort auf Ihre Frage des „wie weiter?“ schon selbst gegeben: Nun sind die Laien gefragt, allen voran die Frauen. Nicht als „Verantwortliche“ für den Blumenschmuck oder als Reinigungskräfte, sondern als aktive Leiter/innen von Wort-Gottes-Feiern. Ich selbst schliesse in einigen Tagen mein Fernstudium Liturgie ab, um dann in unserem Seelsorgeverband (3 Pfarreien OHNE Priester) die Wortgottesdienste zu leiten. Dies können auch Laien in Deutschland:
      http://www.liturgie.de/liturgie/index.php?datei=projekte/litFern/lif&bereich=projekte
      Ausserdem können wir beten, dass „der Herr der Ernte Arbeiter in seinen Weinberg senden möge“. So beten die Benediktinerinnen vom Kloster Fahr bei Zürich jeden Donnerstag in einer einfachen aber schönen liturgischen Form für Veränderungen in der Kirche und für mehr Gleichberechtigung für Frauen innerhalb der Kirche. Schauen Sie auch hier einmal rein und nehmen dieses Anliegen auf in Ihrer Gemeinde:
      https://www.gebet-am-donnerstag.ch/

      Noch ein Wort zur Kritik an Bruder Cornelius, wenn diese auch nicht von Ihnen, sondern von Bastian K. kam. Die Franziskaner ringen schon seit vielen Jahren, also auch schon vor dem Zusammenschluss zu einer gesamtdeutschen Ordensprovinz, mit dem Thema der fehlenden Berufungen und der Frage „wie weiter?“. Inzwischen können die Brüder gar nicht mehr anders als sich nach der Bettdecke zu strecken, soll heissen: Es gibt nur noch eine bestimmte „Personaldecke“ und mit der müssen die Aufgaben irgendwie geschafft werden, ohne die Brüder – vor allem in der Seelsorge – zu überfordern und auszulaugen. Es müssen immer wieder Klöster und angeschlossene Kloster-/Pfarrkirchen aufgegeben werden. Man kann mit nur noch einem Priesterbruder keine Pfarrei (schon gar nicht eine solch grosse wie in Berlin) führen und betreuen. Hier muss man also Vernunft walten lassen. Das bedeutete schon sehr früh, dass man Köster aufgab, die historisch bedeutsam für den Orden waren, siehe Köln, Salmünster usw. Den Brüdern ist klar, dass sie gemäss der Ordensregel jederzeit in ein anderes Haus geschickt werden können und sie dem Auftrag des Oberen im Gehorsam zu folgen haben. Aber es sind ja auch Menschen, Menschen, die sich an einen Ort mehr oder weniger schnell und intensiv gewöhnen. Sie finden dort eben auch ein Stück Heimat und Menschen, mit denen sie Umgang haben und mit denen sie verbunden sind. Darum war der Aufschrei innerhalb der Provinzen auch immer gross, wenn wieder einmal ein Haus geschlossen wurde. So war es dann eben nicht nur ein Verlust eines weiteren Klosters, sondern für den einzelnen Bruder auch Verlust einer Heimat.
      Die Provinzleitung hat es sich aber niemals leicht gemacht mit der Entscheidung zur Schliessung von Häusern und der damit verbundenen Aufgabe der Seelsorge. Ich kenne Bruder Cornelius und ich kann mit nicht vorstellen, dass er unsensibel oder gar kaltschnäuzig die Entscheidung getroffen und bekanntgemacht hat.
      Ich kann nur hoffen, dass auch die Pfarreimitglieder von St. Ludwig die getroffene Entscheidung verstehen können und den Abschied der Brüder nicht (nur) mit negativen Gedanken verbinden, sondern auch als Chance betrachten, als Laien in der Kirche tätig zu werden.
      Pace e bene
      Ralf Kastenholz
      OFS

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert