17.03.2020 Bruder Helmut Schlegel

Liebe heilige Corona!

Ein Brief von Bruder Helmut an die heilige Corona.

Schon seltsam, dass ich dich durch ein bösartiges Virus kennengelernt habe. Bisher wusste ich gar nicht, dass es dich gibt. Eine Chatnachricht mit Bild und Text klärte mich auf: Du bist eine frühchristliche Märtyrin und wirst unter anderem als Patronin des Geldes und der Schatzgräber verehrt.

Tatsächlich haben viele Menschen jetzt Geldsorgen. Das Corona-Virus bringt Gastwirte, Einzelhändler, Handwerker, Unternehmer und viele andere in existentielle Nöte. Ihre Sorgen kann ich gut verstehen, aber ich hoffe weniger auf ein Wunder als vielmehr auf großzügige und unbürokratische Hilfen für die Betroffenen.

Allerdings wäre es falsch, nur die Politik in die Pflicht zu nehmen. In dieser Krise ist das Zusammenstehen aller gefragt. Jedenfalls sind Solidarität und Rücksicht hilfreicher als zum Beispiel egoistische Hamsterkäufe. Es grenzt an eine Realsatire, dass bei uns in Deutschland ausgerechnet das Klopapier ausgeht.

Toll, was ich gelesen habe: Vielerorts erklären sich Jugendliche und junge Erwachsene bereit, kranke Menschen und solche in Quarantäne zu unterstützen – unter anderem, indem sie für diese einkaufen oder mit ihnen telefonieren. Ich bin sicher, die jugendliche Solidarität freut dich, liebe heilige Corona. Auch du hast bereits als Jugendliche unbeirrt deinen Glauben und deine Werte gelebt.

Ich werde dich nicht darum bitten, die Pandemie durch ein Wunder aus der Welt zu schaffen. Vieles liegt jetzt an uns selbst. Wir sollten vorsichtig und rücksichtsvoll miteinander umgehen und das Virus meiden wie der Teufel das Weihwasser.

Apropos Weihwasser: Ist es nicht verrückt, dass sich das Teufelszeug mit Namen Sars-CoV-2 auch in diesem heiligen Gewässer aufhält? Da hilft nur eines: einen großen Bogen drum machen!

Es soll ja Leute geben, die glauben, das Virus sei von Gott geschickt – als Strafe für gottloses Verhalten. Ich halte es lieber mit Jesus. Er lehrt: man kann den Teufel nicht mit Beelzebul austreiben. Will sagen: Gott hat es nicht nötig, das Böse mit dem Bösen zu besiegen.

Vor allem wir Älteren sind von diesem Virus bedroht, sagen die Experten. Und sie raten zu Recht, uns besonders in Acht zu nehmen. Soviel Fürsorge und Achtung tut uns gut, offensichtlich gehören wir doch nicht zum alten Eisen. Wir werden unsererseits nicht vergessen, unsere Verantwortung für die Gesellschaft wahrzunehmen.

Hat die Corona-Zeit nicht auch ihre Chancen? – Ich habe mir ein paar Vorsätze gefasst. Zum Beispiel, in der freien Zeit wieder mal kräftig aufzuräumen. Altes und Überflüssiges zu entsorgen. Nicht nur alte Sachen in den Regalen und Schubladen. Auch alte Vorurteile und Überzeugungen gehören raus.

Veranstaltungen fallen aus, Sozialkontakte sollen gemieden werden. Ich werde viel Zeit zuhause verbringen. Das ist Zeit für mich. Ich kann nachdenken, Bücher lesen, die schon lange darauf warten, meditieren, beten. Diese ganz spezielle Fastenzeit eignet sich gut dafür.

Ich möchte angesichts der Corona-Krise hierzulande die weitaus größeren Probleme in der Welt nicht vergessen. Die Klimakrise und der Hunger in der Welt werden uns noch jahrzehntelang bedrängen. Das Schicksal der Menschen, die fluchtartig ihr Land verlassen müssen, weil sie um Leib und Leben fürchten, oder der an der Grenze Europas Gestrandeten kann uns auch in der Corona-Krise nicht kalt lassen.

Ein Letztes: Viele finden es schlimm, dass sogar die Gottesdienste abgesagt wurden. Mir hat ein Satz im Evangelium des 3. Fastensonntags geholfen. Jesus sagt zur Samariterin: „Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet“, sondern „im Geist und in der Wahrheit“. (Joh 3, 23f.) Meine Gottesbeziehung ist also weder an bestimmte Orte noch an feste Rituale gebunden. Auch nicht an das Sonntagsgebot. Es gibt viele Möglichkeiten, die Freundschaft mit Gott zu pflegen. Gerade jetzt, da ich mehr Zeit habe. Gottes Geist und Wahrheit begegnen mir immer und überall.


Ansonsten: Die Franziskaner in der Zeit von Corona

  • Einige Brüder sind in häuslicher Quarantäne. Bisher wissen wir aber Gott sei Dank noch nicht von infizierten Franziskanern in Deutschland.
  • Der Franziskaner-Bischof Antonio Reimann (Vikariat Ñuflo de Chávez, Bolivien) wurde mit Lungenbeschwerden in das Krankenhaus Santa Cruz de la Sierra eingeliefert und mittlerweile positiv auf das Corona-Virus getestet. Er teilte uns per Sprachnachricht mit, dass es ihm nicht gut geht, sein Zustand aber derzeit nicht lebensbedrohlich ist und er sich im Krankenhaus gut aufgehoben fühlt. Er dankt für die Anteilnahme und segnet alle Freunde und Unterstützer der Franziskaner-Mission.
  • Brüder, die jetzt nicht wie gewohnt pastoral arbeiten können sind eingeladen sich im sozialen Bereich als Helfer zu engagieren.
  • Gottesdienst in der KHG Hamburg. Pater Thomas nun live auf Skype für seine Studenten.

    Sämtliche Gottesdienste werden nur noch intern gefeiert oder unter hohen Beschränkungen und Auflagen.

  • Am Ostermontag findet eine Live-Übertragung des Fest-Gottesdienstes für Deutschlandfunk und Deutsche Welle aus der Sankt Anna Klosterkirche in München statt. Nun jedoch nur mit den Franziskanern und ohne Gemeinde-Beteiligung.
  • Unsere Suppenküchen für Bedürftige fahren ein Notprogramm: Ausgabe von Lunchpaketen draußen statt Suppe im Saal. In München, Berlin, Dortmund, Düsseldorf … (Suppenküchen ermuntern ja zum sozialen Austausch, das soll im Moment aber vermieden werden.)
  • Alle nicht dringend notwendigen Treffen und externen Termine entfallen bzw. finden in Kleinstbesetzung statt oder werden per Videokonferenz / Telefonkonferenz durchgeführt.
  • Unsere Brüder in Vierzehnheiligen haben eine Gebetskette gestartet: Sie laden ein sich einzuklinken, und jeden Tag in Verbindung mit den vierzehn Nothelfern um vierzehn Uhr ein Vaterunser zu beten. VierzehnHeiligenVierzehnUhr nennt sich das Ganze.
  • Die traditionelle Kreuztracht in Wiedenbrück entfällt.
  • Die Franziskaner-Gymnasien in Vossenack und Großkrotzenburg sind geschlossen und versorgen die Schülerinnen und Schüler zuhause mit Lehrmaterial. Für das anstehende Abitur wurden die Tische weit auseinander gestellt.
  • Der Gastronomiebetrieb auf dem Kreuzberg und dem Engelberg wurde eingestellt. (Schade um das schöne Wetter und das gute Bier. Aber jetzt notwendig!)

Ein Kommentar zu “Liebe heilige Corona!

  1. Danke für die schönen Worte! Es beruhigt dies zu lesen. Ich bin immer mal auf diesen Seiten hier unterwegs. Bin zwar keine Katholikin, aber mich faszinieren Franziskus und Klara schon sehr lange. Ich wollte auch dieses Jahr im Juni zur Pilgerwanderung nach Assisi aufbrechen, habe mich schon vorbereitet. Da ich in Nicaragua wohne, brauche ich auch einen Flug nach Florenz, den lasse ich natürlich auch vorerst. Dieser Virus lehrt mich unter anderem, geduldig zu sein, nichts zu überstürzen. Dankbar zu sein für so vieles in meinem priviligierten Leben. Auch sich zurück besinnen auf die wirklich wichtigen Dinge, brach liegende Kontakte wieder aufnehmen, und viele andere Chancen darin zu erkennen. Pace e bene! Liebe Grüsse, Annett

Schreibe einen Kommentar zu Annett Rudolph Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert